Michael Hübl
Der Cowboy und die Clowns
Die Kunst steht den Narren schon lange nahe – die Politik lernt sie erst richtig kennen
Narren, Gaukler, Komiker: Selten war die Riege der Spaßmacher dermaßen Gesprächsstoff wie Anfang 2013. Wie wenn wegen eines langen, zähen Winters die so genannte Fünfte Jahreszeit partout kein Ende habe nehmen wollen. Der März hatte längst begonnen, da soll der frisch gekürte Pontifex maximus der katholischen Kirche, Franziskus, geäußert haben: Mit dem Karneval sei jetzt Schluss 1. Die für sich genommen etwas verspätete Erkenntnis (Aschermittwoch war seit Wochen vorbei) konnte lediglich auf den Vatikan bezogen sein, denn ringsum tobte ein Politspektakel, das nördlich der Alpen sofort teutonische Diffamierungsreflexe auslöste, bis hin zu der Bemerkung, bei den italienischen Wahlen im Februar hätten zwei Clowns gewonnen 2 – so als sei Italien ein einziger Käfig voller Narren.
Vielleicht steckte hinter der Verlautbarung ein verkapptes Angst-Syndrom: Jemand, dessen gesamte Biografie auf politbasierten Ämtern und Posten aufgebaut ist, könnte es unterbewusst durchaus als Bedrohung empfinden, wenn zumindest in einem Fall „ein beruflich tätiger Clown“ 3 für den Senat rund 7,3 Millionen (= 23,79 Prozent), und für das Abgeordnetenhaus knapp 8,7 Millionen (=25,55 Prozent) der Wählerstimmen auf sich, respektive auf seine Partei vereint 4 und damit ein Jahrhunderte altes Hierarchie-Modell auf den Kopf stellt. Professionelle Witzbolde waren in feudalistisch strukturierten Epochen mitunter berühmte Begleiter der Mächtigen. Sie durften den hochgestellten Herrschaften den Spiegel vorhalten und lieferten Stimmungsbilder, wie sie in demokratischen Gesellschaften durch Meinungsumfragen besorgt werden. Bei aller Narrenfreiheit waren jedoch auf der Sozialskala…