Michael Nungesser
Der Brasilianische Blick
Sammlung Gilberto Chateaubriand
Haus der Kulturen der Welt, Berlin, 3.7. – 13.9.1998
Kaum ein Land ist mit seinen Künstlern im Laufe der letzten Dekade in Berlin so präsent gewesen wie Brasilien. Das hier vor zwei Jahren eröffnete Brasilianische Kulturinstitut in Deutschland trägt mit dazu bei. Mit der Ausstellung “Der brasilianische Blick” ist nun ein Höhepunkt erreicht worden. Ihr Zustandkommen verdankt sie vor allem der privaten Deutsch-Brasilianischen Vereinigung in Berlin, die u.a. 1990 mit der galeristischen Gemeinschaftsaktion “Art Brasil” auf sich aufmerksam machte und neben Ausstellungen auch Künstler-Workshops hier wie dort durchführte. Ebenso hat das gastgebende Haus der Kulturen der Welt häufig brasilianische Künstler ausgestellt, und nicht zuletzt leben mehrere in Berlin. Drei von ihnen – Cristina Canale, Alex Flemming und Carla Guagliardi – sind an der jetzigen Ausstellung beteiligt. Die Werke aller gezeigten Künstler stammen aus der Sammlung von Gilberto Chateaubriand, dem der “brasilianische Blick” zu verdanken ist: “Sammeln ist eine Leidenschaft, bei der sich das Objekt der Liebe ständig verändert.” Schon Vater Assis Chateaubriand war Sammler und Mitbegründer des Kunstmuseums in São Paulo (eine Auswahl daraus war 1988 unter dem Titel “Von Raffael bis Goya” in der Staatlichen Kunsthalle Berlin zu sehen). Sohn Gilberto lenkt den Blick auf die brasilianische Kunst, wie sie sich seit den zwanziger Jahren in Auseinandersetzung mit der europäischen Avantgarde entwickelte und seit 1951 mit der Biennale von São Paulo auch ein internationales Forum gefunden hat. “Er hat getan, was der brasilianische Staat auf allen Ebenen in diesem Jahrhundert versäumt hat: die…