KARL RUHRBERG
Der Boxer
WAS JAN HOET MIT JOSEPH BEUYS UND MUHAMMAD ALI VERBINDET
Man muß die zunehmende Flexibilität des documenta-Aufsichtsrats bewundern. 1972 übertrug er die Realisierung der Weltausstellung zeitgenössischer Kunst, die der Maler Arnold Bode erfunden und durchgesetzt hatte, dem ehemaligen Kunstpfeifer Harald Szeemann, 1977 und 1987 folgte ihm der Bariton Manfred Schneckenburger, und diesmal, fünf Jahre später, ist endlich ein Boxer an der Reihe. Zwanzig Jahre lang hat sich Jan Hoet, wenn man ihm und dem Wochenendmagazin der ehrwürdigen »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« glauben darf, boxend durchs Leben geschlagen. So etwas geht nicht ohne Blessuren und Niederlagen ab. Denn, wie schon der junge Bert Brecht wußte: »Der große Sport fängt da an, wo er längst aufgehört hat, gesund zu sein.« Auch Jan Hoet hat das zu spüren gekriegt. Doch was sind die Drei-Mal-drei-Minuten-Runden der Amateurboxer, ja sogar die zehn bis fünfzehn der Professionals gegen die Marathon-Distanz einer documenta-Vorbereitung?
Kein Wunder, daß sie am Organisator und seinen Mitarbeitern nicht spurlos vorbeigegangen ist. Doch es folgen noch die hundert Tagesrunden der Ausstellungsdauer, die zur Zeit dieser Notizen noch nicht begonnen haben. Sie werden dem belgischen Kollegen, der sich diesmal nicht in die freundlich bereitgestellten »Chambres d’Amis« von Gent zurückziehen kann, noch reichlich Gelegenheit geben, seine Nehmerqualitäten zu beweisen. Doch frei nach Ludwig Uhland: »Der wack’re Genter forcht sich nit.« Für ihn ist »Boxen eine der schönsten Metaphern für das Leben. Der Ring ist abgeschlossen, und doch wird man von anderen beobachtet, individuell und total isoliert«. Kein schlechtes Bild für die Situation eines documenta-Machers! Mit…