Werner Lippert
Der Blick hinter den Spiegel
Kunstgeschichte als Ready-Made
»Da die Farbtuben, die der Künstler verwendet, fabrizierte Fertigprodukte sind, müssen wir schließen, daß alle Bilder der Welt assisted Ready-mades und auch Assemblagen sind.«
Marcel Duchamp
… die Kunst der Moderne bescherte uns als Ausstellungsort den white cube, jenen weißen nackten Raum, an dessen Wänden die Kunstwerke isoliert, auratisiert und zelebriert wurden. An diesem Ort hatten sie nicht länger eine – wie auch immer geartete – Verbindung zur Außenwelt noch eine Korrespondenz zueinander und untereinander. Eine Konsequenz, die sich weiterzog – bis hin zum Bruch mit der Tradition der Ausstellungs- und Installationsphotographie. Was Photographen wie Steichen – um nur ein Beispiel zu nennen – in ihren sorgfältig inszenierten Installationsphotos auf den Gipfel einer interpretierenden Wiedergabe trieben, reduzierte sich in der Moderne vielfach auf die schiere Reproduktion des Kunstwerks.
Um so überraschender der Auftritt einer Ausstellung, die Joseph Kosuth in der Wiener Secession wie in Brüssel im Palais des Beaux Arts 1989 inszenierte:
In dieser Ausstellungs-Installation The Play of the Unsayable waren die Wände der Ausstellungsräume farbig gestrichen; auf der Wand ein Wittgenstein-Zitat in großen Lettern; auf dieser Arbeit Kosuths eine Unmenge von Werken anderer Künstler; dicht an dicht; eng nebeneinander; zum Teil übereinander oder im Raum stehend; in der zweiten lnstallation in Brüssel noch viel entschiedener plaziert als im ersten Fall in Wien.
Darin zerstört sich – und damit wird die Haltung Kosuths exemplarisch – die Einengung, die der Kunstbegriff und das Kunstwerk erfahren, wenn sie in den institutionellen Kontext von Museum oder Galerie gebracht werden. Es…