ROLAND GROSS
Der beste Stapel Fotos…
Eine Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum, Bonn, zeigt 200 Fotografien aus dem amerikanischen Magazin “LIFE”
DAS ZWEITE JAHRZEHNT, 1946-1955
“Der beste Stapel Fotos für 10 Cents müsse dieses neue Magazin werden”, schrieb der Herausgeber Henry R. Luce 1936. Alfred Eisenstädt, als gestalterisches Bindeglied zu den ersten Illustrierten im Deutschland der zwanziger Jahre, war, zusammen mit Margaret Bourke-White, einer der frühen Qualitätsgaranten für die neue Unternehmung. Die Wirkung auf das Massen-Bewußtsein setzte in jenem zweiten LIFE-Jahrzehnt ein. Der technische Fortschritt machte die kleine transportable Kamera zum Zeit-Spiegel. Das Zeitalter der Information brach an, die Fotografen von LIFE hatten die richtige Belichtung im kleinen Finger und nicht, wie heute oft, in der Silizium-Zelle. Das fotojournalistische Credo hieß: Alle Lebensbereiche des Menschen zu dokumentieren, erlebbar werden zu lassen und all dies unterhaltend darzustellen – Menschen zu zeigen, wie sie sind. Das war nicht mehr Hofberichterstattung, sondern Street-Life-Fotografie. Weltsicht wurde mittels Bild-Sicht ermöglicht. Aufklärung, Bildung, Nervenkitzel, Voyeurismus, Bildgier – das Kaleidoskop eines Printmediums, die Geburtsstunde des Typs “Unterhaltungsdampfer”, den sich der Weltbürger allwöchentlich am Kiosk leisten konnte. Thematisch erstreckte sich das neue Magazin-Konzept von “Adam und Eva” bis zur “Atombombe”, von der Pfirsichhaut der sechzehnjährigen Liz Taylor bis zum Blut Koreas und Vietnams. 1972 stellte man das Erscheinen des Wochenmagazins ein.
Der legendäre W. Eugene Smith entwickelte die Bildgeschichte, den “Foto-Essay”: Seine Serien “Landarzt” und “Spanisches Dorf (1950/51) schufen in der Zusammenführung von Dokumentation und der Psychodramatik des subjektiven Faktors eine neue, quasi neo-realistische Foto-Ästhetik. Seitdem wirkte nichts mehr erregender als die Wirklichkeit,…