Denkanschläge sind Kunstbeiträge
Über Plakataktionen von Manfred Spies
von Inge Krupp
Als Manfred Spies im Oktober 1976 seine erste Plakatfläche am Düsseldorfer Hauptbahnhof mietete, galten “Sprayer”, die ihre zumeist radikalen Parolen illegal auf Hauswände sprühten, noch als Chaoten und Anarchisten. 1982 nun, nachdem die Sprühbilder und -texte im Kölner Kunstverein domestiziert wurden, hat sich dieses Medium auch hierzulande seinen Platz als “Graffiti-Kunst” erobert.
Spies, der ehemalige Folkwangschüler und Creativ-Direktor, arbeitet auf seinen angemieteten Werbewänden nur teilweise mit der Sprühdose, differenziert auf Aussagen wie “Anarchie gegen Bürokratie”. Im Gegensatz zu anonymen Sprayern signiert er jede seiner Straßen-Plakatierungen.
Gerade in Düsseldorf, einer Hochburg der Werbeagenturen, legt er Wert darauf, daß seine Plakatflächen in ihrer Gestaltung ästhetisch denen der Produktwerbung gleichen, womit er einen zusätzlichen Irritationseffekt erreicht; die Ironisierung der Werbung. Sehr zum Ärger der ortsansässigen Agenturen, spielen Spies-Anschläge mit ihrer Signalwirkung manch ideenarme Werbebotschaft aus.
Lange bevor Spies seine Denkanschläge öffentlich realisierte, legte er ihnen die Frage nach der Betroffenheit der Passanten zugrunde. Das Straßenplakat als Objekt, das ohne seinen Bezug zur Umgebung seine Funktion verliert. “Eine bewußte Aufforderung muß”, so Spies, “auf der Werbewand gegeben sein. Wer ein statisches Bild mit der Werbewand vertauscht, der hat die Wirkung verfehlt und wird vergeblich auf die Reaktion des Publikums warten. “So sprühte er auf eine weiß abgeklebte Fläche die Frage:
“Wann warst du das letzte Mal richtig glücklich?”
Er ließ darunter ausreichend Freiraum, benutzte auch hier gezielt die Sprühdose, um durch die direkte persönliche Frage zu einer Antwort zu animieren. Die dann lautet:
Wer mit seinen Bildideen und Denkanstößen auf die Straße…