Jolanda Drexler
Democratic Design – IKEA
Die Neue Sammlung
(Staatliches Museum für angewandte Kunst, Design), Pinakothek der Moderne, München, 3.4. – 12.7.2009
Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“ In diesem scheinbar banalen, doch deutlich appellativen Slogan von Ikea offenbart sich exemplarisch die Unternehmensideologie des heute weltgrößten Einrichtungskonzerns. Ikea verkauft nicht bloß Möbel, Ikea sieht sich vielmehr als wertorientiertes Unternehmen mit dezidiert humanitärem Anspruch, Ikea ist ein „way of life“ (Chefdesigner Lars Dafnäs). Die Maxime lautet: Mit gut gestalteten, dennoch preisgünstigen Dingen „den vielen Menschen einen besseren Alltag zu ermöglichen“, denn: „Die schöne Form ist für alle da. Und nicht nur fürs Museum!“, wie es ein Vorgänger von Dafnäs 1979 auf den Punkt brachte. Die Idee von einer humaneren Gesellschaft durch bessere Gestaltung reicht bis weit ins 19. Jahrhundert zurück, hervorgehoben sei das englische Arts and Crafts Movement, und verfestigte sich in den programmatischen Schlagworten „Schönheit für alle“, „Schönheit im Heim“ (1897/99) der schwedischen Frauenrechtlerin und Reformpädagogin Ellen Key. Analog dazu formierte sich in Deutschland 1907 der Werkbund, gefolgt vom Bauhaus, das die skandinavische Moderne nachhaltig beeinflusste, und später von der Hochschule für Gestaltung in Ulm. Keys Gedanken waren der Katalysator für den Ausbau Schwedens zu einem modernen, egalitären, sozial- und familienorientierten Staat. Ingvar Kamprad, der 1943 im Alter von nur 17 Jahren Ikea (zusammengesetzt aus den Initialen seines Namens und des väterlichen Hofes) im ländlichen südschwedischen Småland gründete und zunächst Schreibwaren, Nylonstrümpfe u.ä. verkaufte, war zweifellos von dieser Vorstellungswelt geprägt. 1948 nahm Ikea erstmals Möbel von lokalen Herstellern im Sortiment auf,…