Porträt
Dem großen Ziel entgegen
Die Galeristin Dorothea van der Koelen
von Michael Hübl
Venezianer und Venedig-Kenner dürften beim Namen CADORO aufhorchen. Noch dazu in Mainz, rund 600 Kilometer Luftlinie von der Serenissima entfernt, wo sogar ein Anleger nach der Ca’ d’Oro benannt ist. Doch Ähnlichkeiten mit realen Vaporetto-Stationen sind rein zufällig. Die Haltestelle ist vielen weniger wegen des gleichnamigen Palasts als wegen des Spielcasinos im nahe gelegenen Palazzo Vendramin Calergi und ob dessen berühmten Bewohners bekannt: Richard Wagner hat hier während der Arbeit an einem Aufsatz „Über das Weibliche Im Menschlichen“ sein Leben ausgehaucht. Aber weder steht das Programm, dem die CADORO-Gründerin Dorothea van der Koelen als Galeristin folgt, den ästhetischen Überwältigungsstrategien des Gesamtkunstwerkers Wagner nahe, noch ist sie jemand, der sich auf das Spiel mit dem Glück verlässt. In ihrem Handeln ist van der Koelen zielstrebig und in ihrer Programmatik eindeutig Künstlern verpflichtet, die vornehmlich rationalen Prinzipien folgen. Bei Dorothea van der Koelen steht außer Zweifel, dass da jemand mit präzisem Kompass unterwegs ist – und doch genügend Humor, Esprit oder Selbstironie besitzt, um das einmal ins Leben gerufene Zentrum für Kunst und Wissenschaft wortspielerisch mit dem eigenen Vornamen zu verknüpfen.
Dabei gibt es durchaus Bezugspunkte zwischen der CADORO, Mainz, und der Ca’d’Oro, Venezia. Etwa den, dass Fabrizio Plessi in dem einst reich mit Gold verzierten Palast am Canal Grande von Mai bis November 2015 eine umfassende Werkschau zeigte. Unter dem Motto „Liquid Life. Il flusso della memoria“1 wurde auf 1000 Projekte verwiesen; Hauptstück war eine lange Video-Installation, deren Bilderfluss wie die…