Delegierter Genuss
Eine der erstaunlichsten Erfindungen heutiger Fernsehkultur ist das “canned laughter”. Bekannt ist es vor allem aus amerikanischen Sitcoms: Nach jedem mäßig witzigen Dialog gurgelt dort prompt dieses eigenartige “Dosengelächter” hervor. Ich persönlich war lange der Meinung, es hätte den Zweck, erstens die Fadheit der Pointen zu überspielen; zweitens nachträglich zu signalisieren, dass es eben lustig war; und letztlich zum Mitlachen zu animieren.
Dann aber habe ich Robert Pfallers “Studien über delegiertes Genießen” gelesen. Rund ein Dutzend Autoren (Hans Georg Nicklaus, Wolfgang Pauser, Stella Rollig, Slavoj Zizek u.a.) hat Pfaller darin über den von ihm geprägten Begriff der “Interpassivität” nachdenken lassen. Und Slavoj Zizek kommt dabei auch auf das “canned laughter” zu sprechen. Zizeks verblüffende Erkenntnis: Von Mitlachen kann keine Rede sein. Vielmehr lachen diese Komödien über sich selbst und ersparen damit den Zuschauern, ihrerseits in Heiterkeit auszubrechen. Die paradoxe Logik besteht darin, dass es für den Zuschauer ökonomischer ist, die Belustigung an eine Lachmaschine weiter zu delegieren, als sich selbst emotionell zu engagieren. Für Zizek passt das Delegieren auch zum üblichen Kontext des TV-Konsums: “Selbst wenn wir also von einem stumpfsinnigen Tagwerk ermüdet, den ganzen Abend nur träge auf den Bildschirm starren, können wir danach doch sagen, dass wir objektiv, durch das Medium des anderen, einen wirklich schönen Abend verbracht haben.”
Robert Pfallers Buch hält jedoch nicht nur bei Zizeks exotischen Beispielen des Delegierens – Dosengelächter, trauernde Klageweiber und tibetanische Gebetsmühlen. Aufmerksamen Zeitgenossen kommt die gleiche Logik ja längst überall entgegen. Sie dominiert beispielsweise den Gebrauch von unzähligen Videorecordern, die für…