Michael Hübl
DDR-Kunst auf der Biennale
Kein Zweifel: Es hat sich etwas geändert. Ringsum nutzen die Staaten der meist westlichen Welt die Kunst zu nationaler Selbstdarstellung, und was tut die Deutsche Demokratische Republik: Sie gibt sich alternativ, bescheiden und westorientiert. Kennzeichnet ihren Pavillon mit schwarz-rot-gelber Schrift aus der Spraydose: links DDR, rechts RDT, Repubblica Democratica Tedesca. Heißt das, man will sich bunte Asche aufs Haupt streuen – als heitere Klage über die Vergangenheit? Bedeuten die zweimal drei Buchstaben eine fröhliche Inferioritätsbekundung, oder sind sie Ausdruck eines grundlegenden Wandels?
Im Innern des Ausstellungsraums ist von Veränderungen gegenüber den Vorjahren zunächst wenig zu merken. Formal ist das, was Hubertus Giebe und Walter Libuda zeigen, immer noch Sozialistischer Expressionismus. Anders die Kataloge: Der kräftige Hochglanzumschlag und die gute Druckqualität wirken ungewohnt im DDR-Ambiente. Tatsächlich erweisen sich die properen Bände als reine Westprodukte, die – wie die Venedig-Reise des DDR-Kunsttrupps – von Firmen aus Berlin und der Bundesrepublik gesponsert wurden. Dem glanzvollen Äußeren der Kataloge entspricht die glänzende Zuversicht, mit der Günter Rieger in die Zukunft blickt. Er ist neben Hermann Raum einer der beiden Kommissare, die das DDR-Duo Giebe-Libuda betreuen, und vertritt das Zentrum für Kunstausstellungen der DDR, jene Staatsorganisation, die bislang monopolistisch die Außenhandelsbeziehungen der DDR-Künstler regelte und sich dabei der bekannten Gratwanderung zwischen West-Erwartung und Ost- Beruhigung befleißigte. Diese kaufmännische Strategie, eine Kunst zu “liefern”, die gerade soviele sozialistische Elemente enthält, daß sie dort nicht aneckte und hier nicht abschreckte, hat sich als Devisen-Kassenschlager erwiesen. Riegers Optimismus ist insofern begründet: Auch wenn das…