EDGAR SCHMITZ
Days Like These
Tate Triennial of Contemporary British Art 2003
Tate Britain, London, 26.2. – 26.5.2003
Irgendwo in der Haupthalle der Tate hat Cornelia Parker Rodins Kuss umsponnen. Das Band, mit dem Duchamp einmal einen Ausstellungsraum ausmaß und versperrte, wickelt sich hier um die emblematische Skulptur und spitzt deren Intimität doppeldeutig zu: die Umstrickung ist nur soweit Fesselung, wie sie andererseits auch gesteigerter Schutz gegen ein Außen sein kann und von ihm isoliert. Auch Kutlug Ataman entspinnt ein Psychogramm, das zwischen Voyeurismus und Intimität oszilliert. In seinem Porträt einer obsessiv Amaryllis sammelnden, verstauenden und vernichtenden Britin umspannen die vier Projektionsleinwände einen Innenbereich, der gerade noch zu betreten ist. Die Dichte des Porträts wie seiner Zurschaustellung erreicht in der Bedrängtheit der Präsentation dabei eine fast physisch spürbare Intensität. Und wenn Veronica Reed nach dem 11. September und vor dem uneingestandenen Hintergrund von Anthrax dann fast ihre gesamte Sammlung mit dem Skalpell zerlegt, weil die Pflanzen von einer seltenen Milbe befallen seien, nimmt der Wahn jene Form von Präzision und Entschlossenheit an, in der auch die im Skalpell angelegten Assoziationen dann nicht mehr zufällig sind.
Nick Relph und Oliver Paynes Film dagegen zeichnet ein Porträt Londons, dessen Stärke sich aus einer Mischung formaler Brillanz und aggressiver Geschwindigkeit speist. Zwischen Herrentoiletten und nächtlichem Soho machen den Film immer wieder lange Abstraktionen aus, die beide vereinnahmen und sowohl in Lichtreklamen als auch rein filmische Formalismen kippen können. Vor dem Hintergrund einer ganzen Reihe filmischer Produktionen der letzten Jahre, die hinsichtlich der Konventionen des Dokumentarischen diskutiert…