David Rauer und Joshua Sassmannshausen:
FORMA FORMA
Vom Wahrnehmen der Wahrnehmung
Osnabrück, Kunsthalle 17.07. – 30.10.2016
von Susanne Düchting
Erste Hinweise auf die Tonlage der Ausstellung gibt eine silberfarbene Litfasssäule mit sog. „Bäule“ vor der Kunsthalle: In einer dadaistisch-konstruktivistischen Bricolage haben David Rauer (Jg. 1986, Osnabrück) und Joshua Sassmannshausen (Jg. 1983, Hamburg) einen 130m langen abgeschotteten, labyrinthischen Parcours wachsen lassen. Im mal beleuchteten, mal dunklen Innern mit plötzlichen Richtungswechseln, Höhenunterschieden und Unebenheiten ist der Verlust von Orientierung vorprogrammiert. Man tastet sich vorsichtig, entschleunigt durch diese Architektur, je nach eigener Verfassung irritiert, verängstigt, aufgeregt oder auch amüsiert. Eine rasche Übersicht ist nicht zu erlangen, dafür sind überraschende Sinneserfahrungen garantiert. Die beiden Künstler, die sich temporär für Projekte zusammenschließen, beherrschen das Spiel mit Kategorien von Gestalt und Wahrnehmung perfekt: Texturen und Strukturen verändern sich, Ordnung und Zufall wechseln sich ab, innen/außen, oben/unten, hart/weich, hell/dunkel, eng/weit, leise/laut, konkav/konvex. Sie scheinen die Collage zu schätzen, da diese laut Allan Kaprow „als erste ein bestimmtes Denken anregte, das unrein, das heißt antiklassisch und antiästhetisch und antitraditionell ist und das sich darum dreht, nicht nur das Zufällige, sondern alles, was da ist, zu akzeptieren.“ (zit. nach Wedewer 1969). Das Pendant zum umfangreichen Upcycling „armer“ Bau-Materialien bilden die zahlreichen formal-ästhetischen und konzeptuellen Referenzen an die Raum-Künste und philosophischen Betrachtungen im 20. Jahrhundert, in denen sich die Avantgarde mit der passiven, kontemplativen Haltung gegenüber dem Kunstwerk auseinandersetzte: Von Kurt Schwitters über Bruce Naumann, Daniel Spoerri bis zu Gregor Schneider, John Bock oder Thomas Hirschhorn, von Walter Benjamin bis zu…