Das Surplus der Erinnerung
9. Shanghai Biennale 2012 – Reactivation
Heinz-Norbert Jocks
2. Oktober 2012 – 31. März 2013
Fotorundgang und Kommentartexte von Wolfgang Träger
Eine knappe Woche vor der Eröffnung der 9. Shanghai Biennale am 1. Oktober, einem Feiertag, schien das Ziel noch in weiter Ferne zu liegen. Sowohl außerhalb als auch innerhalb des 64.000 Quadratmeter umfassenden, am Huangpu-Fluss emporragenden Gebäudes wurde unaufhörlich gebohrt, geschweißt, gehämmert, gestrichen, Kabel verlegt. Laut und staubig ging es da zu. Nichts schien wirklich fertig, alles noch eine einzige Baustelle zu sein. Wie nur sollte es möglich sein, dass sich hier binnen einer so kurzen Zeitspanne eine weltkonkurrenzfähige Biennale wie ein Puzzle herauskristallisierte? So die Frage des stutzigen Besuchers, der über Hindernisse hinweg und quer durch das labyrinthisch anmutende Gebäude sich einen Weg zu den verglasten, bereits im Rahmen der Biennale genutzten Seminarräumen auf der Dachetage suchte. Hier hielten Anton Vidokle, Boris Groys, Liu Heung Shing, Charles Esche, Jens Hoffmann, Rasheed Araeen, Han Song, Madeleine O’Dea, Mark Siemons und andere von überallher Eingeladene vor Seminarteilnehmern aus dem In- und Ausland ihre grundsätzlichen Vorträge über das Machen und die Bedeutung von Kunst ebenso wie über das Wie des Ausstellens sowie über die Geschichte der Rezeption zeitgenössischer Kunst in China. Evident ist: Die 9. Shanghai Biennale will mehr als nur ein praller Ort der Kunst sein, der einen einzigartigen Ein- und Ausblick gewährt und dabei seine vor zwölf Jahren begonnene Internationalisierung weiter- und vorantreibt. Darüber hinaus möchte sie auch so etwas wie eine temporäre, zum Diskurs inspirierende Akademie und vor…