Hans Ulrich Reck
Das plötzlich polemische Aufscheinen des Zeitgeistes
Eine Kritik der Neuheit
Ergibt sich bereits eine Stringenz, wenn man Kunst ins Alltägliche übersetzt? Funktioniert Kunst in diesem Sektor? Zunächst ist es tatsächlich der Ausstellungsbereich, der Kunst als Funktion definiert: das Leben ist nicht das Museum. Auf der anderen Seite erlaubt dieser Transport nicht nur die Funktionalisierung von Kunst als orientierende alltägliche Wahrnehmung, sondern ein Unterlaufen der Grenzen zwischen Kunst und Design im Namen einer Gestaltung, die sich gegen den Asketismus der modernen Avantgarden – von Picasso, Kandinsky, Mondrian und Malewitsch bis an die Schwelle zur Popart – ebenso richtet wie das sogenannte ‘neue Design’ gegen den formalisierten Funktionsverdacht in der Zurücknahme zusätzlicher, ornamentaler Sinnesanreizungen. Mehreres ist zu unterscheiden: künstlerische Arbeit mit Designmaterial, wobei die künstlerische Autonomie stringent sich beliebige vorgefundene plastische Wertigkeiten unterwirft. Designobjekte, zerfallen, entwertet oder intakt, werden zum Ausgangspunkt für eine künstlerische Arbeit, die über die Zweckentfremdung Selbstreflexion und Selbsterfahrung auf den Künstler zurückwirft. Das ist eine stetig aktualisierte Dimension der modernen Kunst. Es läßt sich eine komplexe Traditionslinie ziehen von Duchamp über informel bis hin zu Diter Rot, Blinkey Palermo, I. Knoebel, Bruce Naumann, R. Ruthenbeck und den Konzeptualisierungen bei R. Long, Walter de Maria, Chamberlain. Daneben allerdings gibt es das mehrdeutigere Arbeiten mit Objektdesign. Da läßt sich eine Linie ziehen von Lissitzky, Moholy-Nagy, dem positivistisch-szientistischen Design in der zweiten Phase des Bauhauses bis hin zu Arbeiten von Tony Cragg, Mario Merz und Michael Broodtears. Hier sind sowohl funktionale wie ästhetische Argumentationen leitend, mit denen im Namen übergreifender…