Jun Yang
Das Paradox des konformen Individualismus und des vorauseilenden Gehorsams
Ein Gespräch von Dieter Buchhart
Wenn Jun Yang auf seine eigene Geschichte verweist, dann benutzt er diese stets, um die Transformation kultureller Codes in unterschiedlichen Alltagskulturen greifbar zu machen. Es handelt sich nicht um autobiografische Erzählungen im engeren Sinn, sondern er fügt wohl kalkuliert persönliche Elemente an der Grenze von Dokumentation und Fiktion in sein künstlerisches Patchwork aus Footage-Materialien, Tatsachen, verschobenen und manipulierten Realitäten und Erfundenem ein. So werden die individuellen Erfahrungen des Künstlers mit öffentlichen und alltäglichen Ritualen und Motiven vernetzt und spiegeln das wechselnde Objekt – Subjekt Verhältnis wider, innerhalb dessen Spannungsfeldes Individualität und Identität heute entstehen. Dabei bedient er sich in seiner vielfältigen Formensprache unterschiedlicher Medien wie Automatenfotografien, Videos, Piktogrammen und skulpturalen Arbeiten. In seiner Auseinandersetzung mit Themen wie Immigration, Staatsbürgerschaft oder Staatssymbolen ist Jun Yang stets politisch engagiert, verzichtet jedoch auf moralische Appelle und Belehrungen. Er setzt sich ernsthaft mit dem Paradox des konformen Individualismus unserer heutigen Konsumgesellschaft auseinander. Die Frage nach dem Kalkül der Entscheidungsfindungen hinter medialen Berichten, dem Verhältnis von Bild und Ton als Faktoren der Wahrnehmung und die Frage nach der Authentizität von Nachrichten und nach den Repräsentationsmöglichkeiten von Bild und Text führt er konsequent und kritisch vor Augen, wenn auch stets in dem Bewusstsein der Lächerlichkeit des eigenen Seins.
Dieter Buchhart: Viele deiner Arbeiten kreisen um kulturelle Identitäten. Wie sehr ist dein Interesse an den damit verbundenen Fragestellungen autobiografisch geprägt?
Jun Yang: Diese Fragestellungen sind durchaus eng mit meinen Arbeiten verbunden. Ich fand die Frage…