Das Museum in der Krise
von Siegfried Gohr
I.
Der Streit um “Bilderstreit” wirft Fragen auf, die weder durch schnelle Statements verschiedener Interessengruppen noch durch Personaldiskussionen gelöst werden können. Das Museum als Institution steckt in einer tiefen Krise, die nicht nur Köln betrifft, sondern auch die anderen großen wie kleineren Museen, die sich mit moderner oder zeitgenössischer Kunst befassen.
Das Museum entstand im 19. Jahrhundert als Stätte des Sammelns, Forschens, Bewahrens und Präsentierens der künstlerischen Leistungen der Menschheit. Es diente der Bildung und der ästhetischen Erziehung, es diente dem geistigen und sinnlichen Vergnügen und nicht zuletzt der Inspiration der Künstler. Die Angriffe der Avantgarde auf das Museum und seine Vereinnahmung durch die bürgerliche Gesellschaft hat seiner Geschichte im 20. Jahrhundert eine neue Wendung gegeben. Die Autonomie der Kunst trat deutlicher hervor und das Museum wurde gleichsam zum Zufluchtsort für utopische gesellschaftliche Entwürfe, aber auch zum Ort der Verteidigung des Individuums und seiner Botschaft in einer sich der Kunst immer stärker verweigernden modernen Zivilisation. Sowohl die faschistischen wie die kommunistischen Systeme haben die Avantgarde gerade deshalb zerstört, weil sie Kunst nur noch als Propaganda zulassen wollten. Die neue Situation, der wir als Museumsvertreter uns heute gegenüber sehen, beinhaltet sowohl die Gefahr der politischen Vereinnahmung der Kunst durch eine als wohlmeinend deklarierte Kulturpolitik als auch die Vereinnahmung durch die Werbung und die Konsumgesellschaft.
Das Museum scheint in den letzten Jahren als Institution einen Aufschwung sondergleichen genommen zu haben und doch hat gerade dieser Boom, der sich augenfällig in den Neubauten ausdrückte, die Krise des Museums als Institution…