Kate Wood
Das Manifest der Neo-Debütantinnen
wie susan sontag in ihrem essay zur camp-sensibilität anmerkte, gibt es empfindungs- und wahrnehmungsweisen, die im allgemeinen Bewußtsein einfach deshalb noch nicht existieren, weil sie noch nicht beschrieben oder definiert worden sind.
ein neues subkulturelles phänomen ist hiermit zu benennen, die neo-debütantinnen, die neue frau um 35, eine spezies, die sich bei einer saalschlacht im münchner hofbräuhaus ebenso stilvoll rekelt wie bei einem vortrag über das quattrocento, was ist der kristallisationspunkt, der 0-punkt im sozia en Zeitraum für dieses bewußtsein? dessen coming-out ist gekommen, wenn man mit 35 erkennt, daß jungfräulicher weißer trödel nicht länger in einklang zu bringen ist mit der postmoderne und daß das klassische ‘kleine schwarze’ nicht nur die silhouette schlanker erscheinen läßt, sondern auch das ideale kleidungsstück für jede tages- und nachtzeit und jede soziale situation ist. schlagen wir deshalb dem cinderella-komplex ein schnippchen und fühlen wir uns nicht länger als weibliche monster, wenn wir nachmittags um l nach einer sause durch die nachtlokale mit ruinierten fingernägeln und der axt im toupierten lady-madonna-kopf aufwachen, denn, let’s face it, wir sind nicht allein! wir sind überall! wir sind das spitzentaschentuch im schlachthaus und, was man auch immer sagen wird, ellenbogenlange schwarze handschuhe werden immer in mode, wenn auch etwas affektiert sein, in seidener unterwasche im sommer einkaufen zu gehen ist eine kunst, die auf ihre Wiederentdeckung wartet, und außerdem fallen 10-18 Pfund Übergewicht immer noch unter den begriff ‘klassische Schönheit’, unser motto: sorry, i’m a lady / i would rather be a pack…