Reinhard Ermen
Das Gedächtnis der Kunst
Geschichte und Erinnerung in der Kunst der Gegenwart
Historisches Museum in Zusammenarbeit mit der Schirn
Kunsthalle, Frankfurt/Main, 16.12.2000 – 18.3.2001
Die Debatte um das Berliner Holocaust-Mahnmal war mühsam und quälend. Kaum ist sie verstummt, wird das öffentliche Bewusstsein mit einer anderen Erinnerungsnot konfrontiert. Der vielgeliebte deutsche Außenminister (der schon mal der ‘Turnschuhminister’ gewesen ist) darf sich nicht mehr zu seinen revolutionären Wurzeln bekennen und muss seine Vergangenheit nach den Bedürfnissen der Gegenwart neu gestalten. Andere Fälle, welcher Art auch immer, werden folgen. So gesehen erscheint die Frankfurter Ausstellung “Das Gedächtnis der Kunst” unabhängig von der millenniumsbewegten Platzierung innerhalb des Programms “Frankfurt 2000” zur richtigen Zeit, und bezeichnenderweise zeichnet ein Kunsthistoriker, der an einem historischen Museum arbeitet, nämlich Kurt Wettengl, als Kurator für das ambitionierte Unternehmen verantwortlich. Denn trotz des tagtäglichen Vorbeimarsches in die Zukunft der genmanipulierten Medienwelten hält die Vergangenheit die Gegenwart (und das sind in der Ausstellung primär die 90er Jahre) in Atem. Das Thema ist auch ohne den gegenwärtigen Hunger nach ‘Bewältigung’ uferlos genug; nicht nur weil Ausstellungen für den Augenblick ihrer Existenz etwas reflektieren und festhalten (in diesem Sinne war das Aarauer “Gedächtnis der Malerei” zu verstehen; siehe dazu KF 152), – uferlos ist das Unternehmen nicht zuletzt, weil es im gegebenen Rahmen ästhetische Erinnerungsarbeit reflektieren will und damit selbst größtes Exponat des eigenen Anliegens sein könnte.
Die Ausstellung als Exponat einer Ausstellung! Tendenziell bewegen sich viele Protagonisten des Frankfurter “Gedächtnisses” in diese Richtung. Anne und Patrick Poirier etwa dokumentieren im Rahmen einer Archäologie des…