CHRISTIAN GAPP
DAS ENDE DER “THIN RED LINE” AUF DEM SCHLACHTFELD UND IHRE WIEDERAUFERSTEHUNG IN DER DRAMATURGIE DER KRIEGSFOTOGRAFIE
Militärischer Kampf ist eine spannende Sache. Gar keine Frage. Daher wird bei allen Diskursen um die Darstellung inszenierter und dokumentierter Gewalt ein Unterhaltungswert nie in Frage gestellt. Im Kino reicht heute die Perspektive vom kineastischen Feldherrenhügel längst nicht mehr aus. Der Zuschauer will das Gefühl haben, direkt dabei zu sein. Ist die Kamera nicht nahe genug dran, ist der Film nicht gut, da die visuelle Identifikation mit den Teilnehmern der Szene so nicht funktioniert und der Zuschauer gelangweilt ist. Auf seine Art antwortet das Kino somit immer perfekter auf den Imperativ Robert Capas für gute Kriegsfotos1. Durch diese problemlose Übernahme einer ursprünglich bildjournalistischen Zielsetzung ins Entertainment wird durch Rückprojektion der inhärente Unterhaltungswert dokumentarischer Kriegsfotos erkennbar. In diesem Zusammenhang spielt die Ausbildung der naturwissenschaftlich fundierten Militärtechnologie und ihre Wechselwirkung mit dem naturwissenschaftlich-technischen Bildmedium Fotografie eine wesentliche Rolle. Einsatz und Adaptation neuer Technologien unterlag (und unterliegt) sowohl beim Militär, als auch in der Kriegsfotografie irrationalen und tradierten Mustern.
Der Fotoapparat wurde zu einer Zeit erfunden, als die Militärtechnologie gerade erst begonnen hatte, sich infolge naturwissenschaftlich-technischer Entwicklungen radikal zu verändern. Der Wandel verlief zum großen Teil unbewusst und nicht nach einem militärstrategischem Masterplan. Er wird hier ausführlich geschildert, da die Beschränkung auf die Historie der Fotografie allein den immanenten Widerspruch der Aussagen moderner Kriegsfotos nicht deutlich machen kann.
1839, das Jahr, in dem Daguerre seine Erfindung der französischen Akademie der Wissenschaften vorstellte, war die industrielle Revolution in…