Das Ende der Kunstgeschichte ist nicht das Ende der Kunst
Karlheinz Lüdeking sprach mit Arthur C. Danto
Der amerikanische Philosoph Arthur C. Danto ist einer der wenigen Kunsttheoretiker, die sich in ihrem Denken noch ganz entscheidend durch das Erstaunen und die Verwunderung vor dem konkreten Werk anregen lassen. Wie Danto selbst immer wieder betont, wurden seine Überlegungen über die Kunst eigentlich sogar durch ein einziges Erlebnis inspiriert. Im Jahre 1964 geht er, damals 40jährig, in die Stable Gallery in New York zu einer Ausstellung von Andy Warhol, der vier Jahre jünger ist als Danto – und zu jener Zeit noch nicht sonderlich bekannt. Warhol zeigt in dieser Ausstellung eine Anzahl von Skulpturen: einfache Quader, die aus Sperrholz gebaut und mit Hilfe der Siebdrucktechnik bedruckt sind. Sie sehen genauso aus wie Pappkartons, die man in den Warenlagern von Supermärkten findet, jene Kisten, in denen Suppenkonserven, Haushaltsartikel und Ketchup-Flaschen geliefert und gestapelt werden.
Danto ist außerordentlich fasziniert von diesen Objekten, insbesondere von den Kästen, die aussehen wie die Kartons, in denen gewöhnlich die Reinigungsschwämme der Firma Brillo verpackt sind. Die Frage, die sich angesichts von Warhols Brillo-Kartons für ihn stellt, ist die folgende: Da diese Objekte offenkundig beanspruchen, Kunstwerke zu sein, muß sich dieser Anspruch auf irgendetwas gründen. Anscheinend gründet er aber allein darauf, daß diese Dinge eben selbst genau diese Frage stellen, die Frage also, wie es überhaupt möglich sein kann, daß sie beanspruchen, Kunstwerke zu sein. Die Kunst scheint hier also ihrerseits die Frage nach den Bedingungen ihrer eigenen Möglichkeiten aufzuwerfen. Das bedeutet…