Vom Denken und Vorstellen der Turbulenzen
Dietmar Kamper
Das Bild als unmögliche Gegenwart.
Vom Aufhören der Theorie
Bei der genauen Wahrnehmung jener Prozesse, in denen heute eine Konfusion von Phantasie und Wirklichkeit, von Fiktion und Realität, von Inszenierung und Ereignis stattfindet, kann die Entdeckung gemacht werden, daß das Projekt der Moderne, nämlich in den gesellschaftlichen Verhältnissen Vernunft zu realisieren, historisch von einem wesentlich ambitionierteren Versuch unterfangen worden ist. Es handelt sich um das seit Beginn der Neuzeit erklärte Programm, in Konkurrenz zur Welt eine eigene Welt der Menschen mittels und nach Maßgabe der Einbildungskraft zu erschaffen. Während die Aufklärung durch kontrafaktische Entwicklungen in postmoderne Nöte geraten ist, scheint das Programm zu triumphieren. Alles, was ist, wird als Bild gedeutet oder in ein Zeichen verwandelt und so der Datenverarbeitung auf Bildschirmen zugänglich gemacht. Eine derart maschinelle Immaterialisierung des gegebenen Materials passiert dabei unentwegt und anscheinend ungebrochen. Das mag an der Verknüpfung des Imaginären mit dem uralten Traum von der Unsterblichkeit liegen, der einen Bogen von der ältesten Theologie zur neuesten Technologie zu spannen erlaubt.
Eine Theorie dieser Phantasie, wenn sie schon an der Zeit ist, kann nicht in der Weise einer Vernunftkritik und auch nicht als Aufklärung über Aufklärung durchgeführt werden. Es geht um andere Differenzen, die zudem nicht auf Anhieb bestimmbar sind, sondern Wiederholung fordern, zum Beispiel um die Differenz von Wahrnehmung und Bewußtsein, von Katastrophe und Krise, von Souveränität und Autonomie, von Illusion und Täuschung. Es ist meist nur eine Nuance, auf die alles ankommt. Doch selbst dann erweist sich eine definitive Bestimmung als…