Das Atelier als Manifest
Herausgegeben von Paolo Bianchi
In Atelier und Werkstatt kommt es zur Sichtbarmachung (manifestatio) einer künstlerischen Haltung, Programmatik und Richtung. Im Atelier wird Hand angelegt, sodass ein „handgreifliches, offenkundiges, bildhaftes“ (manifestus) Gestalten und Denken im Transfer von Kunst und Wissen sich zeigt. Im Atelier des Malers, Bildhauers, Zeichners oder Performers vollzieht sich eine „mit der Hand ausgeführte Arbeit“ (manufactura). Das Atelier ist ein gebautes und gestaltetes, ein räumlich und sinnlich erlebbares Manifest.
Die herkömmlichen Bezeichnungen für das Atelier lesen sich wie Glorifizierungen: „Imaginationsraum“, „Ort des kreativen Schaffens“, „Wirkungsstätte des Genies“, „Kraftfeld der Mythen“, „sakralisierter Rückzugsort“ und „auratischer Ort“. Das Atelier bietet jedoch eine Polyphonie an Dimensionen, erlaubt ein Panorama und Panoptikum an Analyse und Betrachtung, was zu bisher gänzlich unbeachteten Diskursen, Funktionen und Praktiken führt und durch die sich das Atelier neu begründet: Das Atelier als Manifest, Topos und Modell, als Ort des Unmanifesten, als Mitte der Welt, als Ort für Widerständiges (vgl. Essay von Paolo Bianchi). Das Atelier als Heterotopie, als „Abweichungsraum“, als Referenzort mit Vorbildcharakter, als Spiegel der gesellschaftlichen Position des Malers (vgl. Aufsatz von Eva Mongi-Vollmer). Das Atelier als Kultort, als Lebenskunstwerk, als Tat-Ort, als Arena für Voyeurismus, als Memoria, als sozialer Raum (vgl. Beitrag von Anne Haun-Efremides). Das Künstlerhaus als Instrument der Selbstinszenierung, als Manifest, als Künstlerkolonie, als „Ateliermaschine“, als mobile Architektur – sogar dem Globus wird der Status eines Ateliers zugewiesen (vgl. Text von Dominique von Burg).
Schlüsselwerke aus der Kunstgeschichte zeigen, wie Künstler das Atelier als Motiv zur Veranschaulichung ihrer Ästhetik im Bild verwenden. Die…