Michael Hauffen
das Archiv
Ausstellung zum Symposion über Fotografie XV, Forum Stadtpark,
Graz, 14.10. – 2.11.1994
Die Entwicklung der Methoden systematischer Datenverwaltung, die sich unter dem Begriff “das Archiv” zusammenfassen lassen, ist als Entwicklung impliziter Voraussetzungen dessen, was wir explizit wissen können, aus der Perspektive reiner Theorie allein womöglich gar nicht angemessen zu beurteilen. Der isolierte und unbeobachtete Beobachter nimmt eine zentrale Stellung in der Struktur moderner Kontrollmechanismen genauso ein, wie in der Vorstellung individueller Erkenntnis. Die Fotografie spielt dabei nicht nur die Rolle einer Perfektionierung des anonymen Blicks, sondern bietet auch ein neues und überraschend vielschichtiges Operationsfeld für künstlerische Praxis. Die Frage ist, inwieweit dabei die Erwartungen nach Dekonstruktion der zum Teil subtil wirkenden Macht archivarischer Strukturen erfüllt werden können.
Kennzeichen gelungener Ausbruchsversuche aus den Systemen der Normierung, in die auch die Künstler-Innen selbst verstrickt sind, ist vielleicht die Verschiebung der Perspektive. Für unsere westlich-mittelständische Kultur wird das etwa an den Bildern deutlich, die Hans Peter Feldmann von einer Freundin gemacht hat: Anstatt sich ihrem Körper in Form konventioneller Abbildungen zu nähern, die all das Problematische des männlichen Blicks mit reproduziert hätten, hat er alle ihre Kleider fotografiert und damit die Richtung der Fetischisierung umgedreht, pervertiert in einem heiter kreativen Sinn. Ähnlich geht Leo Kandl vor, der seine eigenen Anzüge als die an Schattierungen reiche und für Assoziationsmöglichkeiten offene Oberfläche vorführt.
Aus einer ganz anderen Gegend, aus Südafrika, kommt David Goldblatt. Dort ist die Gewalt, die mit den Methoden der Überwachung ganzer Territorien einhergeht, noch ganz aktuell, und Goldblatt sammelt ihre Dokumente, wendet…