Stephan Berg
Das 21. Jahrhundert
»Mit Paracelsus in die Zukunft«
Kunsthalle Basel, 18.4. – 21.6.1993
In der Mitte des Raumes steht auf einem Stahlgestell ein Stoffquader, aus dessen undichter Verschlußklappe in regelmäßigen Abständen Ketchup tropft. Eine komplizierte Zeitschaltung sorgt dafür, daß der Stoffrumpf ab und an einen ganzen Schwall sämig-rotes McDonalds-Elixier auf den hellen, flauschig weichen Teppichboden erbricht. “Martin” nennt der Amerikaner Jon Kessler seinen lecken Ketchuptank und meint damit niemand anders als das altgewordene Kölner “Enfant terrible” Martin Kippenberger. Wer Martin zu nahe kommt, wenn dieser gerade einen seiner süßlichen Fladen absondert, wird ausgiebig mit dessen (Ent-)Äußerungen bekleckert und muß eine Reinigung bemühen.
Bei Hiroshi Sugimoto steht alles still. Seine großformatigen Schwarz-weißfotos zeigen anhand von Dioramen vor allem aus dem New Yorker Naturkundemuseum die Entwicklung des Lebens auf unserem Planeten als eine Folge eingefrorener Momente von absoluter Künstlichkeit. Vor penibel gemalten Hintergründen stolzieren ausgestopfte Strauße, ein Eisbär steht vor einer gerade erbeuteten Robbe, und Mikroorganismen paddeln durch das Wasser. Alles ist da, wie Sugimoto selbst sagt, “Bäume, Pflanzen, Tiere. Das einzige, was fehlt, ist das Leben. Das ist die beste Methode, zu zeigen, was das Leben eigentlich ist, was es für uns bedeutet”.
In zwei miteinander verbundenen stahlarmierten Glaskuben wird das Leben, vor allem aber das Sterben, handgreiflich erlebbar. Tausende von Fliegen irren und sirren durch ihr Containergefängnis und verenden an einer Ultraviolettstrahlen aussendenden Fliegenfalle. Ein gehäuteter Kuhkopf sowie Näpfchen mit Wasser und einer Zuckerlösung sorgen für Nahrung während ihres – mit oder ohne Fliegenfalle – kurzen Lebens. “Ob tausend Jahre oder hundert…