EUGENE THACKER
Darwins Wartezimmer
In den letzten Jahren muss man zu nehmend da rauf gefasst sein, in den Mainstream-Medien einem neuen Vokabular zu begegnen: “Genome”, “Proteome”, “Stammzellen”, “SNPs”, “DNA-Microarrays” und andere mysteriöse biologische Wesen machen in der umfangreichen Berichterstattung zur Biotechnologie Schlagzeilen. Projekte mit menschlichen Genomen, Beschlüsse zur Anwendung embryonischer Stammzellen, eine vielversprechende, jedoch noch immer instabile Wirtschaft, Kontroversen über das Patentwesen für Gene und die laufende Debatte über das Klonen zu Therapiezwecken beim Menschen sind nur einige der Fragen, mit der die biotechnologische Forschung öffentlich Diskussionen auslöst. Vielen Befürwortern und Kritikern erscheint das so genannte “Jahrhundert der Biotechnologie” schon in vollem Gange.
Ich möchte die Biotechnologie, die für viele ein neues Paradigma in Biologie und medizinischer Forschung werden wird, an dieser Stelle etwas genauer charakterisieren. Ich unterstelle, dass eines der Hauptmerkmale der Biotechnologie derzeit eine Kreuzung zwischen Bio- und Computerwissenschaften ist, oder anders gesagt, eine Kreuzung zwischen genetischen und Computer- “Codes”. In der biotechnologischen Forschung ist dieser Bereich als “Bioinformatik” bekannt, was einfach eine Anwendung der Computertechnologie auf die Biowissenschaft ist. Seine Produkte umfassen Online-Genomdatenbanken, automatische Gensequenzer, Geräte zur DNA-Diagnose und zum fortgeschrittenen Datenschürfen und Softwareanwendungen zur Entdeckung von Genen.
Die Fragen, die diese Vermischung von Biotechnologie und Informationstechnologie aufwerfen sind vielfältig. Im Folgenden möchte ich ein kritischen Abriss über die Hauptprobleme geben, die sich in Biotechnologie ergeben. Wir werden mit den Fragen beginnen, welche die öffentlichen Debatten über Biotechnologie dominieren und dann komplexere folgen lassen: was nach unserer Vorstellung ein “Körper ist”, wie Normen und “Gesundheit” neu definiert werden und wie…