Danica Dakić
Baukörper, Sprachkörper – Bildwelten des Transitorischen
von Sabine Maria Schmidt
I. TOTALTHEATER UND ZENICA-TRILOGIE
Für Erwin Piscator (1893 – 1966), den grandiosen Theaterintendanten und Avantgardisten der Weimarer Republik, war der klassische Bühnenraum bald zu klein geworden. Mit Hilfe komplexer Arrangements von Filmdokumenten, Bildprojektionen, laufenden Bändern und Fahrstühlen kommentierte er das theatralische Geschehen in seinen Inszenierungen. Die Bühne sollte ästhetisch zu einem epischallumfassenden Panorama werden, die Menge der individuellen Zuschauer zu einer sozialen Gemeinschaft werden. Walter Gropius entwickelte 1926 für den erfindungsreichen und engagierten Regisseur einen Gebäudeentwurf für ein solches sogenanntes „Totaltheater“.1 Der Clou: statt Guckkastenbühne gab es offene Raumeinheiten mit einer zentral gelegenen Parkettscheibe, die um 180 Grad um den Mittelpunkt gedreht werden konnte. Das Theater der Zukunft sollte den Zuschauer zum Aktivisten machen, die Trennlinien zwischen Bühne und Zuschauerraum dabei aufgelöst werden.
Lange Zeit war die Vorstellung nicht unüblich, als Mensch in ein von Göttern oder Gott gesteuertes theatralisches Weltgeschehen hineingerissen zu werden. Heute hat der Mensch für sein eigenes Schicksal zu sorgen, in einer Welt des totalen Spektakels, in der er alles um sich herum als Bühne nutzen kann. Oder er erlebt sich als stumm und handlungsunfähig gewordener Zeuge einer zerbröckelnden Gegenwart, in der es keine Erzählungen und Akteure, vielleicht auch keine Zukunft mehr gibt. „Ich möchte Räume schaffen, aus denen meine Protagonisten ausbrechen können. Räume, in denen Sehnsüchte formuliert werden, die es ermöglichen, an Orte zu gelangen, die vorher niemals denkbar waren“, äußerte Danica Dakić einmal über ihre filmischen und skulpturalen Inszenierungen.
Die Idee des „Totaltheaters“ von Walter Gropius verknüpft…