Thomas W. Kuhn
Dance in My Experience
Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf, 28.11.2009 – 28.2.2010
Es ist Kunst der Gegenwart, die von der Leiterin des Kunstvereins Vanessa Joan Müller und ihrer Co-Kuratorin Christina Ricupero ausgesucht wurde, um einen Blick zurück in die zweite Hälfte der 1960er Jahre werfen, beziehungsweise in zeitgenössischen Werken nach den Spuren politisch und gesellschaftlich orientierter Kunst jener Tage zu fahnden. Sie tun dies unter einem Motto, das sie dem brasilianischen Künstler Hélio Oiticica (1937-1980) entliehen haben, jenem Inspirator der künstlerischen Bewegung des Tropicalismo, dessen Oeuvre durch einen Brand im Haus seines Bruders im Oktober 2009 weit gehend vernichtet wurde. 1965 hatte Oiticica einen Text unter dem Titel „A dança na minha experiencia“ publiziert, der wenig später in englischer Übersetzung als „Dance in My Experience“ auch außerhalb Brasiliens bekannt werden sollte. Hier forderte er programmatisch eine Kunst, die das bislang in der Rolle der Betrachter abgesonderte Publikum durch Integration in den kreativen Prozess zum Verschwinden bringe und letztlich eine gesellschaftliche Transformation durch unmittelbare Formen des Ausdrucks bewirken solle. Diesen Gedanken schließen die Kuratorinnen mit der zeitgenössischen Kritik von Joseph Beuys kurz, der anno 1967 zur Eröffnung des äußerlich bunkerartigen Neubaus des Kunstvereins im gemeinsamen Haus mit der Kunsthalle Düsseldorf dessen sofortigen Abriss forderte. Er nannte das Haus eine „Pralinenschachtel“, in der die Kunst „verbarrikadiert“ würde, mit anderen Worten unter Bezug auf Oiticica elitär und antipartizipatorisch.
Acht Künstlerinnen und Künstler, die zwischen 1963 und 1976 geboren wurden, sowie eine Künstlergruppe wurden von den beiden Kuratorinnen ausgesucht, die also nur…