Rainer Metzger
Dan Graham
»Kunst und Architektur/Architektur und Kunst«
Villa Stuck, München, 24.2. – 24.4.1994
Gedacht war das Ganze zunächst als Retrospektive. Im Nouveau Musée von Villeurbanne, der ersten Station der Ausstellungstournee, an der sich noch das Van Abbemuseum in Eindhoven und eben die Münchner Villa Stuck beteiligten, war das Oeuvre Dan Grahams ziemlich vollständig ausgebreitet. Kaum ein Künstler der Gegenwart versteht sein Werk so exemplarisch für das gesamte Schaffen seiner Zeit wie er: Als ihn “Artforum” im Jahre 1980 nach seiner Arbeit befragte, redete Graham nur über die allgemeinen Charakteristika der Kunst in den Sechzigern und den Siebzigern; daß damit auch sein eigenes Werk hinlänglich charakterisiert sei, setzte er schlicht voraus. Eine Retrospektive kommt damit, ungeachtet dessen, daß sie nach dreißig Jahren kontinuierlicher Präsenz eh überfällig war, gerade Grahams Oeuvre entgegen. Nur so läßt sich seine Absicht, exemplarisch zu sein, Zeitströmungen jeweils zu verdichten und sich mit den Tendenzen auch radikal zu verändern, darstellen. In Villeurbanne war dies vorbildlich gelungen. Die Villa Stuck setzte demgegenüber auf “Kunst und Architektur/Architektur und Kunst”: Die Monate zuvor hatte man diesbezüglich schon Sol LeWitt und Donald Judds Möbel präsentiert. Nun also Graham.
Ab etwa 1978 konzentriert sich Grahams Werk auf Fragestellungen, die in einem weiteren Sinn dem Bauen gelten. In der Logik seiner Entwicklung ist das Thema Architektur die Antwort auf die Installationen der Siebziger. In ihnen, in Arbeiten wie “Present-Continuous-Past(s)” von 1974, hatte Graham auf die Wirkung, hatte Spiegelräume und Videoapparaturen in Szene gesetzt, die des Besuchers Ego nachdrücklich in Fragmente aufsplitterten, ihm Kontrollsituationen auferlegten,…