Rainald Schumacher
Damien Hirst
»No Sense of Absolute Corruption«
Gagosian Gallery, Soho, 4.5. – 15.6.1996
Außer der Größe der Arbeiten gab es nichts wesentlich Neues in der Ausstellung von Damien Hirst in der Galerie von Larry Gagosian in Soho. Aber dies Ereignis, ein Publikumsmagnet wie Freakshows auf Jahrmärkten in vergangenen Zeiten, ist ein gute Möglichkeit herauszufinden, was ein bestimmter Teil der Gesellschaft von Kunst will und erwartet.
Das christliche Ideal der Auferstehung in dem gleichen, unversehrten, unsterblichen und idealisiert schönen Körper verbot über Jahrhunderte den Blick in diesen Körper hinein. Eine mehrere hundert Jahre alte Tabuisierung, die den Tod zum Abschalten von Maschinen in Intensivstationen verfremdet oder nur noch als Unfall im Zusammenprall und Zusammenstoß von Maschinen geschehen läßt, hat uns nicht den Spaß am Grauen nehmen können. Wir wollen uns erschrecken lassen, aber der Schrecken muß harmlos bleiben.
In seinen bekanntesten Arbeiten, den Teilen von Tierkadavern in großen Aquarien, die mit Formaldehyd gefüllt sind, arbeitet Damien Hirst mit eben diesem ambivalenten Grauen. Während Gentechnologen Abschnitte der DNA zerteilen und neu zusammenfügen, blendet Damien Hirst gleich zwei Rinder komplett mit Haut und Haaren ineinander, zerteilt in jeweils acht Segmente.
Verglichen mit früheren Arbeiten hat sich die Technik der Aufarbeitung der einzelnen Tierteile erheblich verbessert. Eine komplizierte Aufhängung mit Kunststoffklammern, Haken und Schrauben hält die Tierteile auf Plexiglasplatten montiert im Formaldehyd fest.
Die gesamte Ausstellung ist laut und unruhig. Die beiden Hälften eines der Länge nach durchteilten Schweines bewegen sich in ihren Aquarien auf einem Schienensystem maschinell betrieben vor und zurück. Gigantische Rotationsbilder kreisen an der Wand…