Marius Babias
dagegen – dabei
»Produktion und Strategie in Kunstprojekten seit 1969«
Kunstverein in Hamburg, 1.11. – 18.12.1994,8.1. – 5.2.1995
Januar ’95: Während ein Steinwurf entfernt in den Deichtorhallen ein nettes Betriebsfest mit dem Titel “Sammlung Schürmann” stattfand und im ersten Stockwerk des Kunstvereins Absalons skulpturale Wohnzellen den Charme von Krankenhauszimmern verströmten, war im Parterre produktives Chaos angesagt: die Kunstkollektive “Botschaft”, “Büro Bert” und “minimal club” sendeten von hier aus über den Offenen Kanal Hamburg ein Radioprogramm aus. Eine Woche lang Medien-, Musik- und Technologiekritik aus einer zum Sendestudio umfunktionierten Kunst-institution. Überquellende Aschenbecher, Papierkram, Club-Wear und Mini-Bar: das Szenario einer eingespielten Wohngemeinschaft, zu der die “Besucher” kaum Anschluß fanden. Während der Live-Sendungen wurden die Gespräche mit den Veranstaltern im Flüsterton geführt, fand die angepeilte Gegenöffentlichkeit unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt, nämlich anonym vor den Radiogeräten.
Dieses Dilemma ist ebenso typisch für jene in sechs Ausstellungsetappen vorgestellten “Kunstprojekte seit 1969” wie für die aktuelle Situation: Welche Wirkung üben aktivistische, politisierte Projekte über das Stabilisieren der Gruppe hinaus auf die Gesamtöffentlichkeit aus? Können Institutionen gegenkulturell umdefiniert werden? Oder wird jede Kritik vom Mainstream absorbiert? Und: Ist heute “dabei”, wer früher “dagegen” war? Es ist übrigens kein Zufall, daß die meisten eingeladenen Projekte aus Berlin kommen, deren geographisches Inseldasein sich auf die institutionelle Infrastruktur zwar schädigend, auf subkulturelle und politische Aktivitäten aber positiv auswirkte.
Eine Frage beantwortet die Projekt-auswahl von Ulrich Dörrie (Galerist und Vorständler des Kunstvereins) und Bettina Sefkow (Kuratorin und ehemalige Mitarbeiterin in Hilka Nordhausens legendenumwobener “Buch Handlung Welt”) eindeutig: Was heute von einer von…