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Titel: Obsessionen I · von Thomas Mießgang · S. 120 - 127
Titel: Obsessionen I , 2014

Thomas Mießgang
Cum on feel the Japanoise

Im Reich der Mitte wird seit mehr als 30 Jahren an massiven Lärmarchitekturen gebastelt. Obsession und Entgrenzung verbünden sich zu einem stählernen Sound, der durch den Schmerz zur Katharsis führen soll.

Die Szene ist in ein blutrotes Licht getaucht. Im Hintergrund eine Batterie von Marshall-Verstärkern: Jene emblematischen Kisten, die seit den großen Zeiten des Stadionrock Lärm und Entgrenzung verheißen. Am vorderen Rand der Bühne ein Gewirr von Kabeln, das verschiedene Effektgeräte – Delay, Verzerrer, Wah-Wah-Pedal – zu einem akusmatischen Netzwerk verbindet und wie ein Müllplatz archaischer Technologien aussieht.

Auf diesem Prospekt eines präsumptiven Lärmtheaters hat der erste Akt soeben begonnen. Er ist auch gleichzeitig der letzte, denn das Spektakel dauert nur wenige Minuten. Der Performer Masonna kniet einige Sekunden unbeweglich in absoluter Stille vor seinen Gadgets. Dann legt er einen Schalter um, und im selben Moment baut sich eine massive Klangwand auf, die den Zuschauerraum wie ein akustischer Tsunami überflutet: Shock and Awe! Durch den schlanken, drahtigen Körper des Interpreten / Mediums zucken die Klangimpulse und lassen ihn wie eine Marionette über die Bühne tanzen: Ein chaotisches Gliederschwenken und Haareschütteln – so als ob er einer Serie von Elektroschocks ausgesetzt wäre. Masonna schleudert das Mikro weit von sich und holt es am Kabel wieder ein. Er streckt den Arm aus und deutet mit einem zitternden Finger ins Publikum. Die Bewegungsmuster seiner psychotischen Choreographie passen sich den Stakkati an, die aus den Boxen hämmern. Rockstarposen degenerieren zu spastischen Zuckungen, Rückkoppelungen penetrieren die Ohren mit schrillen Frequenzen, Zungenrede…


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von Thomas Mießgang

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