Creare
Über Wissensdurst, Neugierde und die Lust auf Unbekanntes
von Heiner Borggrefe und Rolf Schönlau (Text) Peter Tischler (Zeichnungen)
I
Creare – ein Wort, das uns auf Schritt und Tritt begegnet: „Sei kreativ“, heißt es, denn kreative Menschen haben mehr Erfolg im Beruf und im Privatleben: Kreativ sein macht glücklich! Kreativität bewältigt Konflikte, löst Blockaden! Durch kreatives Kochen wird die langweiligste Diät zum Hochgenuss. Selbst Krankheiten haben eine kreative Seite. Einschlägige Seminare helfen bei der kreativen Gestaltung von Kündigungsgründen. Um seine Firma zu retten, soll sich der eine oder andere Geschäftsmann auch schon in kreativer Buchhaltung versucht haben! Ja, es sind schlicht und einfach die Kreativen, die uns mit ihren innovativen Ideen beglücken wollen. Kurz, wir erleben ein wahres Kreativwirtschaftswunder!
II
Zur steilen Karriere des Wortes hat nicht zuletzt eine Branche beigetragen, die immer auf das Neue aus ist: Die Modisten und Modedesigner. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts sprach Coco Chanel von ihrer neuesten Création. Kreation und Kreativität kommen vom lateinischen creare, mit der Bedeutung von erschaffen, erzeugen, gestalten, schöpfen. Der Createur heißt daher im Deutschen Modeschöpfer. (Abb. 01)
III
Den Schöpfer kennen wir eigentlich aus anderem Zusammenhang: Religionen schreiben ihren Göttern die Schöpfung der Welt zu. Im alten Ägypten glaubte man, Chnum und Neith seien für die Entstehung der Welt verantwortlich. Solche Vorstellungen gibt es seit jeher in allen Kulturen. In Indien gelten Brahma und Sarasvati als Gottheiten der Schöpfung. Christen betrachten Gott als Schöpfer der Welt. In sechs Tagen – so die Bibel – schuf er Erde, Pflanzen, Tiere und den Menschen. (Abb….