Rainald Schumacher
Clegg & Guttmann
»The Sick Soul II«
American Fine Arts, New York, 18.5. – 8.6.1996
Auf unterschiedlichen Ebenen greift das Placebo gegenwärtiger Kunstproduktion unsere kranke Seele an. Es versucht sich in die Schnittstelle zu setzen, die alles Rätselhafte in der Gedankenstruktur offenläßt, und es versucht sich in den offenen Raum einzunisten, den jedes Erstaunen vor einer Sensation hervorruft.
Zeitgenössische Kunst bedarf jedoch eines weiteren Transmitters, der es ihr ermöglicht, sich an die Gehirnzellen anzudocken. Das Spiel von Glamour, Ruhm und Sensationen ist faszinierend, so wie die Umwandlung der Welt in ein Geheimnis uns in den Bann schlägt. Es fehlt aber noch ein mehr oder weniger seriöses Interesse, eine Aufgabe für die Kunst und die Künstler in unserer Gesellschaft, um eine Breitenwirkung des Placebo zu erreichen.
Bestandsaufnahme, Analyse und kritische Theoretisierung sind ein allemal wohlfeiles Instrumentarium für diese Funktionalisierung der Kunst. In diesem Aufbau gelingt es ihr, sich an die Schwachstellen unseres Wissens anzuketten, die dann entstehen, wenn die Wissenschaft an die Grenzen ihrer begründbaren Aussagen stößt.
“The Sick Soul II” ist eine Fortsetzung der großen Ausstellung von Clegg & Guttmann im Grazer Kunstverein vom April diesen Jahres. Nach einem rotierenden Prinzip werden die fotografischen Arbeiten, die an den Wänden der Galerie präsentiert werden, ausgewechselt. Vier große, eigens angefertigte Grafikarchivschränke dienen zur Lagerung der nicht gezeigten Arbeiten, die einzeln aufgezogen in Mappen eingelagert sind. Die Farbfotos zeigen Personen. Portraits, wenn man so will. Der spezifische Charakter dieser Portraits schlüsselt sich weiter auf, wenn man in Rechnung stellt, daß alle Aufnahmen aus einem Feld stammen,…