Clegg & Guttmann
Clegg & Guttmann (geb. 1957) betreiben seit 1979 im Team eine Porträtfotografie, bei der sie nicht die Regeln des Historikers befolgen, der ein Ereignis redlich und ernsthaft erzählt (fotografisch dokumentiert), vielmehr liebäugeln sie mit der Rolle des Hofmalers oder des Redners, der das Dargestellte je nach Absicht überzeichnet oder unter- und hintertreibt. Ausgangspunkt für diese Arbeit war ihr Interesse für jene Porträts, die heute noch die “Jahresberichte der Führungsetagen” zieren. Porträts, die an das erste Auftreten des aufgeklärten, selbstbewußten, machtbewußten Bürgers in der holländischen Porträtkunst des 17. Jahrhunderts erinnern; Porträts, in denen die Präsenz zugunsten der Repräsentanz, die Natürlichkeit zugunsten eines rollenspezifischen rhetorischen Gehabes aufgeweicht oder aufgegeben ist: Nicht der Mensch zählt, sondern die Position, die Macht, die Rolle, die er innehat.
Zu Beginn waren es ausschließlich Männer. Zum Beispiel die Fünfergruppe von “Executives of a Worldwide Company” (1980): fünf Männer, aufgereiht wie Perlen an einem lose sich übers Papier ziehenden Faden. Licht fällt einzig auf ihre Gesichter, ihre Hände und die blitzenden Dreiecke, geformt aus Revers, weißen Hemden und Krawatten. Der Rest der Figuren und das gesamte Umfeld versinken im altmeisterlichen Dunkel. Einer von ihnen ist unschwer als Chef auszumachen – nicht der im Bild höchstpositionierte, nicht der bestgekleidete, sondern der mit seiner Balance aus Bestimmtheit (im Blick) und souveräner Gelassenheit (der übereinandergelegten Hände) beste Spieler seiner Rolle.
Es folgten weitere Gruppenporträts von “Executives”, und immer sind da ins Licht gestellt: die Hände, gefaltet, in die Hüfte gestemmt und übereinandergelegt; die Köpfe, im Hochmut wohlwollend geneigt oder angestrengt napoleonisch…