Johannes Meinhardt
Chuck Close
Kunsthalle Baden-Baden, 10.4. – 22.6.1994
Lenbachhaus, München, 13.7. – 11.9.1994
In meinen Gemälden geht es um: Köpfe – Fotografien von Köpfen – Fotografie – Malerei nach Fotografien – Malerei – Gemälde. … Der Zweck dieses Unterfangens ist nicht einfach, ein Bild zu malen, sondern offenzulegen, woraus ein Bild besteht.”
Wenn es überhaupt einen amerikanischen Künstler gibt, der dem analytischen Projekt von Gerhard Richter in der Sache (nicht persönlich) nahesteht – der Untersuchung des Status und der Beziehungen von Wahrnehmungsbild, Medienbild und Gemälde -, dann ist das Chuck Close. Von Anfang an, seit seinem Einsatz mit “Big Nude” von 1967/68, entfaltete sich bei ihm eine analytische Problemstellung, die die Existenz von Bildern für die Wahrnehmung nicht einfach hinnahm, sondern das Funktionieren der Bildwerdung, der optischen Gegenstandssynthese in der Wahrnehmung bzw. die pikturale Gestaltbildung, das Heraustreten der sichtbaren Form aus dem Hintergrund der Fläche, untersuchte.
Chuck Close’ Fragestellung (und auch das Feld seiner Lösungen) ist allerdings wesentlich enger als die Richters: Seine Arbeit kreist darum, wie aufgetragene Elemente der Fläche in der Wahrnehmung zu Gestalten bzw. Gegenständen zusammenschießen, wie die Wahrnehmungssynthese aus der Verteilung von einfachen Flächenelementen komplexe Wahrnehmungsobjekte destilliert. Das Verhältnis von einfachen Elementen, mit deren Hilfe ein Bild-Effekt, ein Bild als Wahrnehmungseffekt hervorgerufen wird, zu dem scheinbar unmittelbar gegebenen Bildgegenstand ist auch das Verhältnis von einfachen Mitteln der Produktion, wie etwa Rastern, zu einer komplexen optischen Totalität “Bild”. Close’ analytisches Verfahren besteht darauf, die Produziertheit der scheinbaren Einheit “Bild” zu zeigen, die einfachen Elemente der Fläche vorzuführen, und auf diese…