Christian Huther
Chuck Close
»Fotorabeiten«
Galerie Gering-Kulenkampf, 7.9. – 31.10.1998
Der Amerikaner
Chuck Close
ist dafür bekannt, daß er das Medium Fotografie als Vorlage für seine hyperrealistischen, auf das menschliche Antlitz beschränkten Gemälde einsetzt. Damit zeichnet er keineswegs Seelenbilder der Porträtierten – übrigens allesamt Freunde, Verwandte und Bekannte -, aber er spürt der fotografischen Wahrnehmung nach. Folglich arbeitet er nicht nach dem menschlichen Auge, das alles gleichmäßig scharf einstellt, sondern nach der fotografischen Linse, die nur einen bestimmten Punkt oder Raumausschnitt scharf abbildet, weiter Entferntes und die Ränder aber verschwommen wiedergibt. Durch vergleichendes Sehen lassen sich dann die Wahrnehmungsnuancen ausmachen.
Close nimmt aus einer leichten Untersicht auf, so daß die Abbilder etwas von oben herab schauen bzw. der Betrachter aufblicken muß. Im Gegensatz zu den klein- bis mittelformatigen fotografischen Vorlagen – die er in Raster aufteilt, damit die Farbwerte und Schärfentiefe genau bestimmbar sind – geht er bei den Gemälden ins Überdimensionale, um die verschiedenen Schärfengrade in der Vergrößerung sichtbar zu machen.
1966 begann er mit den ersten fotorealistischen Gemälden, seit knapp zehn Jahren hat sich die Fotografie als zweite eigenständige Kunstform dazugesellt. Close fotografiert nicht mehr nur, um die Porträts millimetergenau abzumalen, er nutzt die Fotografie nun zu eigenen Ideen. Einen guten Eindruck von diesem zweigleisigen Arbeiten mit der Fotografie bietet sich in der Frankfurter Galerie Gering-Kulenkampff, wo aus der Zeit von 1975 bis 1987 fotografische Vorlagen für die Gemälde und autonome Fotoarbeiten zu sehen sind.
Spannend wurde es für Close, als er an die im Bostoner Museum of Fine Arts installierte “Kamera” von Polaroid…