Uta M. Reindl
Chto Delat?
»Perestroika. Twenty years after: 2011-1991«
Kölnischer Kunstverein, 28.8. – 18.9.2011
Aktivistische Kunst prägt die zeitgenössische Kunst in Russland – das belegt der Schwerpunkt der diesjährigen Moskau-Biennale. Es handelt sich um Künstlerkollektive, die meist spartenübergreifend und – anders als die Maler ihres Landes – dezidiert politisch wie interaktiv arbeiten. Durchaus nachvollziehbar mit Blick zurück auf die bewegte Geschichte der heutigen russischen Föderation von Sowjetzeiten über Glastnost (Transparenz) und Perestroika (Umgestaltung) wieder zurück in sowjetische Verhältnisse, da Putin sich 2012 zum dritten Mal als Staatspräsident „zur Wahl“ stellen wird, deren Ausgang vorhersehbar sein dürfte. Aber auch die Paradoxie der aktuellen Kunstszene Russlands gibt reichlich Anlass dazu – mit einer politisch wie materiell gebeutelten Künstlerschaft auf der einen Seite und den superreichen Kunstaficionados aus oligarchischen Zirkeln auf der anderen. Letztere meinen über Life-Style Events eine neue Kunstwelt in Russland erfunden zu haben. Selbst wenn seit rund einem Jahr die russische Kunstwelt international auf sich aufmerksam macht und viele Künstler von diesem Aufschwung profitieren – gab und gibt die ständig bedrohte Meinungsfreiheit und die doch noch sehr entwicklungsbedürftige kulturelle Infrastuktur in Russland den aktivistischen Künstlerkollektiven viel zu tun.
Schon seit Jahren persiflieren die Blue Noses in internationalen Großausstellungen mit slapstickhaften bis grotesken Videos mitunter recht deftig Russlands Politprominenz. Postkolonialismuskritik in eher melodramatischen wie raumgreifende Inszenierungen zur globalen Tourismusindustrie und zum russischen Konsumismus liefert das Künstlerkollektiv AES+F – etwa mit der frechen Melange aus Hollywood und Modefotografie des Neun-Kanal-Panoramas The Feast of Trimalchio auf der letzten Biennale in Sydney. Chto Delat? zu Deutsch…