Dirk Schwarze
Chronos & Kairos
»Die Zeit in der zeitgenössischen Kunst«
Museum Fridericianum, Kassel, 5.9. – 7.11.1999
Gleich zwei Ausstellungen im Kasseler Museum Fridericianum widmeten sich im Herbst 1999 dem Thema, das kurz vor dem Sprung ins Jahr 2000 alle Köpfe beschäftigte: Was sagt die Kunst zur Zeit? Dafür, dass die beiden Kasseler Projekte zwar aufeinander abgestimmt waren, aber nicht auf einem Konzept beruhen, spricht die Tatsache, dass der Teil, der das kulturhistorische Vorwort hätte sein können, nicht vorweg ging, sondern hinterher kam: Unter dem Titel “Geburt der Zeit” wird vom 12. Dezember bis 19. März an Hand unterschiedlichster Objekte (Messinstrumente eingeschlossen) dokumentiert, wie sich die Begrifflichkeit von Zeit herausbildete und wie sich die modernen Zeitvorstellungen entwickelten. Die Kunst übernimmt in dieser Ausstellung, deren Zustandekommen vornehmlich auf der Zusammenarbeit der Geldgeber Wintershall (Kassel) und Gazprom (Mos kau) beruht und die deshalb einen umfangreichen deutsch-russischen Austausch einschließt, eine mehr illustrative Rolle. Den einen Schwerpunkt der von den Staatlichen Museen Kassel organisierten Schau bilden die künstlerischen Zeugnisse der für die christliche Welt entscheidenden Zeitenwende (Christi Geburt), einen anderen die Werke, die zu Anfang des Jahrhunderts die Beschleunigung und die Bewegung zu spiegeln versuchten.
Richtig spannend wird die Beschäftigung mit der Kunst unter dem Zeit-Aspekt allerdings erst in dem Moment, in dem nicht nur Zeit und Vergänglichkeit thematisiert werden, sondern in dem die Künstler den Zeitverlauf zu einem Teil ihrer Arbeit werden lassen oder in dem unser auf Stunden und Sekunden programmiertes Denken unterlaufen. Während Schöpfer von langsam wachsenden oder monumentalen Werken sich oft darum bemühten,…