Reinhard Ermen
Christopher Wool
Kunsthalle Basel, 10.4. – 30.5.1999
Die späten bzw. die jüngsten Bilder überraschen; das heißt, wer Christopher Wool (“Born 1955 lives and works in New York City”) zu kennen meint, staunt erst einmal. 1997 entstehen differenzierte, lineare Gitterstrukturen, die auf oder in punktierte Ornamentfelder gesetzt sind; das harte Schwarz-Weiß wird partiell durch sanftes Gelb überschattet. Hier formuliert sich einer in schöner Ausgewogenheit, das Prozesshafte, das seine Apologeten zu Recht immer wieder preisen, weicht 1997 dem lyrischen Augenblick. Ein unerwarteter Ton der Empfindsamkeit ist angeschlagen, der noch zarter zum Vorschein kommt, wenn sich solches auf Reispapier vollzieht. Der Lärm der Straße dringt nur noch gedämpft in Wools New Yorker Atelier. Es könnte sein, daß er eines Tages auch der Gummistempel nicht mehr bedarf, so sehr hat sich der abstrakte Gestus individualisiert, ja in Richtung ‘Peinture’ bewegt.
Berühmt gemacht haben ihn bei uns um das Jahr 1990 herum seine Stempel- und Schablonenbilder, die Schwarz auf Weiß mit Tapetenmustern und lapidaren Sprüchen eine aufmüpfige Synthese aus Warhol und Pollock feierten. Das waren Bilder wie Faustschläge, trotz ihrer klaren Hell-Dunkel-Dramaturgie ‘dirty paintings’, die eiskalt mit Email- und Alkydlacken auf Aluminiumplatten gesetzt wurden. Der fruchtbare Widerspruch von Präzisionsansprüchen, die den Schablonen und Gummimustern nun mal innewohnen, mit einer scheinbar nachlässigen Handhabe des flüssigen Materials ergab eine seltsame Innenspannung, die durch deutlich sichtbare Korrekturflächen unterstrichen wurde; eben, das Prozesshafte! Hinzu kam, daß in den Worten und Sprüchen, daß hinter der massakrierten Orthographie und Syntax ein Sound zu lauern schien, der den Maler zu einer Art DJ…