Rainer Metzger
Christopher Williams
»For example: Die Welt ist schön (first draft)«
Kunstverein München, 29.9. – 21.11.1993
Eine Kunst über Fotografie, eine Kunst über den Modernismus: Christopher Williams’ in aller Kargheit überschwengliche, prätentiöse Ausstellung im Münchner Kunstverein zieht alle Register des Konzeptualismus in seiner zweiten Generation.
Williams, 1956 geboren, in Los Angeles lebend, präsentiert Fotografien; keines der Lichtbilder aber hat er selbst geschossen, sondern Professionelle engagiert, die er in der Manier eines Regisseurs mit den Objekten konfrontierte. Williams präsentiert Fotografien, die authentische Ästhetik aber, auf die sie sich berufen, ist eine geborgte. Nach dem “Tod des Autors”, den Roland Barthes in den Sechzigern ausgerufen hatte und der die erste Generation der Konzeptualisten in Aufruhr hielt, feiert der souveräne, gleichsam heroische Produzent von Bildwerken seine Auferstehung zwei Dekaden später: Der neue Autor in der bildenden Kunst, den Williams vorführt, ist jener, der sich am Kino orientiert, es ist der Autor des Autorenfilms. Die Hintertür, durch die er wieder die Bühne betritt, sie liegt auf der Metaebene.
Eine Kunst über Fotografie, eine Kunst über den Modernismus: “Die Welt ist schön”, jener Slogan, auf den sich Williams’ Ausstellungstitel bezieht, stand über einem Buch von Albert Renger-Patzsch, neben August Sander der deutsche Fotograf der zwanziger Jahre, der Zeit der Neuen Sachlichkeit schlechthin. Er sang, Alfred Stieglitz’ Zeitschrift “Camera Works” auf der anderen Seite des Atlantik vergleichbar, das Loblied auf eine Welt, die politische und ökonomische Krisen noch so beuteln konnten, ohne ihrer Schönheit Abbruch zu tun. “Die Welt ist schön” – das war durchaus kompensatorisch gemeint, gut bürgerlich,…