Renate Puvogel
Christopher Muller
Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach, 6.2. – 15.5.1994
Christopher Muller hat noch unbenutzt scheinende Dinge des täglichen Gebrauchs sozusagen von den Plätzen möglicher Verwendung abberufen und zu einem Gruppenfoto versammelt. Jedermann vertraute Gegenstände wie Stühle, Körbe, Eimer, Stiefel, Papierrollen stehen, liegen, hängen säuberlich dicht nebeneinander aufgereiht vor einer neutral weißen Wand. Die auf dünne Kunststoffträger aufgebrachten Großfotos lassen jedes Teil in seiner natürlichen Gestalt zum direkten Gegenüber des Betrachters werden. Ein schmaler Streifen hellgrauer Standfläche der Dinge begrenzt die Fotos knapp über dem ähnlich farbenen Fußboden des realen Raumes, so daß das innerbildliche Arrangement der haptischen Gegenstände über einen Trompe-l’oeil-Effekt hinaus mit dem Außerbildlichen Kontakt aufnimmt, das Fiktive Wirklichkeit aufsaugt. Dennoch bleiben die plastischen Körper in der flachen, gleichmäßig ausgeleuchteten Bildebene befangen. Sie nehmen in ihrem ruhigen, gleichwertigen Nebeneinander Beziehungen zum jeweiligen Nachbarn auf, es kommt durch farbliche, formale, stoffliche oder inhaltliche Verwandtschaften zu fast zärtlichen Berührungen, ohne daß die Dinge enge Verbindungen eingehen. Stattdessen wird durch die Zuordnung ihr individueller Charakter in einer seltsamen Mischung aus Vertrautheit und Fremdheit eindringlich spürbar. Die Dingwelt wird zum Sprechen gebracht; und tatsächlich läßt sich das Auf und Ab von Vertikalen, Horizontalen und Schrägen mit den Augen wie ein Schriftbild lesen, im tatsächlichen Abschreiten der Fotowand scheinen die Gegenstände dem Beobachter zu folgen. Einem Satzgefüge vergleichbar entwickelt sich die Komposition in der wechselseitigen Abhängigkeit der einzelnen Bildglieder; delikat aufeinander abgestimmt in Farbe, Plastizität und Proportion, in Tiefenräumlichkeit und Position gelangt das heterogene Allerlei zu einer ausponderierten Einheit. Das harmonische Gleichgewicht kommt ohne…