Moderne, reloaded: Interviews mit Kuratoren, Kunsthistorikern, Kunstkritikern, Museumsdirektoren
Christoph Thun-Hohenstein
Generaldirektor und wissenschaftlicher Geschäftsführer, MAK
Digitale Moderne
Der frühere Direktor des Austrian Cultural Forum New York und Geschäftsführer von departure, der Kreativagentur der Stadt Wien, Christoph Thun-Hohenstein, leitet seit Herbst 2011 das MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst. 2015 hat Thun-Hohenstein die VIENNNA BIENNALE als weltweit erste Mehrspartenbiennale initiiert.
Sabine B. Vogel: Im Sommer 2017 fand die 2. Vienna Biennale unter dem Thema „Roboter. Zukunft. Arbeit“ statt. Zentrales Stichwort der Biennale ist die Digitale Moderne – was ist das?
Christoph Thun-Hohenstein: Durch die Digitalisierung erleben wir derzeit so weitreichende Veränderungen in einer so enormen Geschwindigkeit in unserer Gesellschaft, dass wir es mit einem Paradigmenwechsel zu tun haben.
Was sind die neuen Paradigmen?
Wir können derzeit nicht abschätzen, wie lange der Mensch überhaupt noch das Sagen hat, denn die Technologie kann sich verselbständigen und smarter als wir Menschen werden. Die meisten der vor der Digitalisierung gewachsenen Geschäftsmodelle werden in Frage gestellt werden. Das ist schon in den Städten sichtbar, wenn wegen des Online-Versands selbst an den besten Adressen keine Geschäfte mehr betrieben werden. In den USA schwächeln Einkaufszentren und selbst auf der 5. Avenue herrscht Shop-Schwund. Dadurch verändert die Digitalisierung das Aussehen der Stadt. Die Forschung ist weitestgehend von der Digitalisierung getrieben. Es wird behauptet, dass der Mensch algorithmisch darstellbar ist, in allem, nicht nur der Organismus, auch das Denken, die Sehnsüchte, Gefühle. Das sind nur einige Stichworte der ganzen Entwicklung. Diese Moderne…