Martin Seidel
Christoph Loos.
»Nanna-Paradox. Über Bäume in anderen Zuständen«
Rheinisches LandesMuseum Bonn, 4.5. – 16.7.2006
Wer das Landesmuseum in Bonn besucht, bekommt zurzeit besonders viel geboten: Neandertaler, romanische Madonnen, rheinisches Biedermeier und dazu – das macht sich nicht schlecht in einem Museum – das interimsmäßig zur WM einquartierte japanische Pressezentrum samt Großbildschirm. Und zwischen alldem der künstlerische Quergänger Christoph Loos mit mystisch-bewegenden Baumbildern, die ihrerseits weite Brücken schlagen.
Die Schau dieser eigentümlich dem Zeitgeist entrückten Foto-Bilder unter dem Dach im Obergeschoss gliedert sich in drei Zyklen, die aufeinander aufbauen und eng zusammenhängen. Christoph Loos (Jahrgang 1959), der bisher mit großformatigen und betont materialbewussten Holzschnitten in Erscheinung getreten ist, hat hier den Wechsel zu der auf Wärme und Licht reagierenden und die Dinge je nach Jahreszeit und Witterung mehr oder weniger rot- und blautönenden Infrarotfotografie vollzogen. Die sowohl auf Quer- wie auch auf schmalen Hochformaten präsentierte Bildwelt kann man getrost als märchenhaft-versponnen bezeichnen. Die “Foto-Skulpturen” genannten Bilder zeigen Frauen und Männer, bekleidet oder nackt im Wald vor Bäumen stehend mit seltsamen Masken aus Holz; Kinder mit großen Holzkugeln über den Köpfen nehmen als Atlanten oder als Schwangere verschiedene Posen ein, spielen mit den Kugeln. Die Gestalten mit den abstrusen Holzmasken, die das ganze Gesicht verdecken, erinnern, ad libitum, an Aktaion und Daphne, an Ku-Klux-Klan und Hieronymus Bosch, an Einhörner, Waldschrate und Flowerfairies. Die metamorphotische Verrückung des Menschen hat ihre Entsprechung im epistemologisch-raunigen Titel des Zyklus: “Von Monden und Pillendrehern”.
In “Absent Presence”, dem nächsten Werkkomplex, treten die zuvor wie verloren in der Landschaft…