MICHAEL HAUFFEN
Christoph Büchel – SHELTER
Kunstraum München e.V. im Haus der Kunst, München, 26.1. – 7.3.2002
Seit Marcel Duchamp ist eigentlich klar, dass Alltagsobjekte aufhören Alltagsobjekte zu sein, sobald sie in den Kunstkontext transferiert werden. Aber gilt das auch für den Transfer kompletter Lebensumwelten, wie komplett eingerichtete Zimmer, Abenteuerspielplätze, Technoschrottlabors, mutierte Einfamilienhäuser, Discos, Supermärkte oder Sportarenen? Der Boom spektakulärer Ausstellungsprojekte hat uns in letzter Zeit ausreichend mit Erfahrungsmöglichkeiten versorgt, um diese Frage aufzuwerfen – und sie gleich wieder zu vergessen. Denn sobald man sich der suggestiven Wucht solcher Szenarien aussetzte, wurden all die alltagsspezifischen Reflexe und Konditionierungen reaktiviert, die ästhetische Unterscheidungen in den Hintergrund zu drängen pflegen.
Sicherlich können Effekte dieser Art auch gemäß der Logik der Avantgarde als Versuch interpretiert werden, konventionell ästhetische Beobachtungsschemata zu irritieren. Aber es drängt sich inzwischen der Verdacht auf, dass wir bald den Punkt erreicht haben werden, wo auch die aufwendigste Simulation alltäglicher Situationen als etwas ganz Normales erscheint.
Eine solche, vom großen Maßstab der Inszenierungen unbeeindruckte Perspektive, hätte den Vorteil, die Feinheiten wieder klarer in den Blick zu bekommen. Die Real-Simulation wäre dann ein Medium, wie das der Malerei oder der digitalen Fotografie auch, und die Kunstkritik könnte sich auf Komplexität und Stringenz der Konzepte und ihrer Durchführung richten.
Christoph Büchels Arbeiten bieten sich durch ihre an vielen Stellen subtilen und ausgetüftelten Arrangements für einen solchen Blickwinkel an, auch wenn sie weder auf den deutlichen Bruch mit marktkonformer Objekthaftigkeit noch auf die Störung einer bequemen und distanzierten Betrachterposition verzichten.
Die Installation SHELTER im Münchner Haus der Kunst eröffnet…