vorheriger
Artikel
nächster
Artikel
Ausstellungen: Düsseldorf · von Helga Meister · S. 362 - 363
Ausstellungen: Düsseldorf , 2000

Helga Meister
Chris Reinecke

»60er Jahre Lidl-Zeit«
Kunstmuseum Düsseldorf, 13.11.1999 – 16.1.2000

Ein Stückchen Holz mit den leicht abgeschabten Nationalfarben, dem Wort “Lidl” und der primitiven Kunststoffkordel, dieses Fossil längst vergangener Protestjahre muss heute unter eine Glashaube auf ein Fundament gesetzt werden, damit es überhaupt beachtet wird. Am Ende des Jahrhunderts kehrt das Kunstmuseum Düsseldorf noch einmal zu den Anfängen der Düsseldorfer Szene in den 60er Jahren zurück. Der Lidl-Klotz des Jörg Immendorff fehlt allerdings, mit dem er 1968 vor dem Bundestagsgebäude in Bonn herumlief, um gegen Notstandsgesetze, die große Koalition und überhaupt gegen die Politik zu protestieren. Das Kunstmuseum widmet sich der “Lidl-Zeit” ausschließlich unter dem weiblichen Aspekt. Es konzentriert sich auf Immendorffs Ex-Frau Chris Reinecke.

“Lidl” war das Schlagwort am Ende der 60er Jahre, bewusst kindlich-naiv, eine Variante zu Dada, gerade recht für Aktionen, in denen sich Satire und Politik verquicken sollten. Immendorff betonte das Poppig-Plakative, den raffinierten Verschnitt aus Blödelei und Banalem. Ob der nationale Klotz oder das “Negerchen” mit Kerze”, das dem spießigen Michel heimleuchten konnte, Immendorff traf stets die Pointe. Typisch Mann, sagt Stephan von Wiese, Leiter der Modernen Abteilung im Kunstmuseum. Chris Reinecke war neun Jahre älter als er und jobbte für den gemeinsamen Haushalt. Immendorff zählte erst 20 Jahre, als sie sich das Ja-Wort gaben. Die Ehe hielt bis 1971.

Während Immendorff es verstand, aktuelle Proteste und bleibende Bilder zu schaffen, so dass er heute als Künstler und als Persönlichkeit zum Düsseldorfer Establishment gehört, geriet sie in Vergessenheit. In dicken, alten Ordnern sowie in der Magisterarbeit von…



Kostenfrei anmelden und weiterlesen:

  • 3 Artikel aus dem Archiv und regelmäßig viele weitere Artikel kostenfrei lesen
  • Den KUNSTFORUM-Newsletter erhalten: Artikelempfehlungen, wöchentlichen Kunstnachrichten, besonderen Angeboten uvm, jederzeit abbestellbar
  • Exklusive Merklisten-Funktion nutzen
  • dauerhaft kostenfrei