Michael Stoeber
Chris Ofili
»The Blue Rider Extended Remix«
Kestnergesellschaft, Hannover, 23.6 – 20.8.2006
Vom Erhabenen zum Lächerlichen, wusste Napoleon, ist oft nur ein kleiner Schritt. Vom agent provocateur der Kunstszene zu deren Lieblingskind auch. Das scheint das Beispiel von Chris Ofili nahe zu legen. 1969 als Sohn afrikanischer Einwanderer in Großbritannien geboren, geschmückt mit einem 1993 am Londoner Royal College erworbenen Master of Fine Arts, gehörte er in den neunziger Jahren zur provokativen Gruppe der YBAs, der Young British Artists. Zu seinem Markenzeichen wurde gepresster Elefantendung, auf dem er seine Bilder präsentierte und der oft genug auch als materiales Element in seine Malerei wanderte. Mit diesem Topos verstand er es, jede folkloristische Vereinnahmung seiner Person sarkastisch zu konterkarieren. Aber der Elefantendung à la Ofili war auch eine drastische Zurückweisung aller hermeneutischen Versuche, seine Kunst aus ethnischer négritude-Perspektive zu deuten.
Inzwischen hat der Künstler, der 2003 sein Land auf der Biennale in Venedig vertrat, solche Befreiungsschläge offensichtlich nicht mehr nötig. Seine neuen Werke, Bilder und Skulpturen, in der hannoverschen kestnergesellschaft sind eher eine Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte als mit seiner Herkunft. Darin kann man ebenso gut ein Zeichen von gewachsener Souveränität sehen wie ein Nachlassen von rebellischer Potenz. Eines jedenfalls ist sicher: Ofilis Bilder und Skulpturen der Werkserie “The Blue Rider” verkaufen sich – sehr zur Freude seiner Galeristen von Contemporary Fine Arts in Berlin – wie geschnitten Brot. Diese Werkserie hatte denn auch bereits vor zwei Jahren in der Berliner Galerie Premiere. Da die hannoversche kestnergesellschaft Ofili indes unbedingt zeigen wollte,…