Gabriele Klein
Choreografien des Protests im urbanen Raum
If I can’t dance, it’s not my revolution!
If I can’t dance, I don’t want your revolution!
If I can’t dance, I don’t want to be part of your revolution.
A revolution without dancing is not a revolution worth having.
If there won’t be dancing at the revolution, I’m not coming.
Dieser mittlerweile zur Folklore geratene und in verschiedenen Varianten verbreitete Satz der US-amerikanischen Anarchistin und Friedensaktivistin Emma Goldman könnte das Motto der neuen Protestbewegungen sein, ist doch Tanz ein genuiner Bestandteil des urbanen Protests geworden: Samba, israelische, türkische oder griechische Volkstänze, Techno, Cheerleading oder Tango. Zwar sind Fahnen, Kostüme, Masken, Graffiti, Karneval, Happening, Musik, Tanz oder Theater in Protestbewegungen im öffentlichen Raum, vor allem in urbanen Räumen, nicht neu. Auch hat sich der Protest schon immer ästhetischer Mittel bedient. Aber vor allem seit den 1960er/70er Jahren – und in einem weiteren „Schub“ nach den 1980er Jahren – hat die ästhetische Praxis in den Protestkulturen im Zuge einer steigenden Bedeutung von medialer Bilderpolitik nicht nur zugenommen, sondern diese auch grundlegend verändert. Welche Rolle spielen Körper und Bewegung, Choreografie und Performance in den neuen Protestkulturen im urbanen Raum?
Ästhetisierung des Politischen: straßenprotest
Die neuen Protestkulturen sind in einer Zeit entstanden, in der Städte radikale Transformationsprozesse erleben: Theatralisierung, Musealisierung, Eventisierung und touristische Aufbereitung der (Innen-)Städte bei gleichzeitiger Peripherisierung, Segregation, Marginalisierung von Randgebieten und zunehmender Pauperisierung ärmerer Bevölkerungsschichten sind die bekannten Stichworte im ‚Umbruch’ von der industrialisierten Stadt der Moderne zur postindustriellen Stadt. Zugleich entstanden neue Konzepte über den urbanen Raum, die diesen…