Harald Szeemann
Chohreh Feyzdjou
Eine Zeichnung, ein Bild, es sind stets ausgetragene Kämpfe mit einem Gegenüber, mit der weißen Fläche. In der Kontinuität wachsen diese autonomen, Gestalt gewordenen Werke zum Werk, das ein Erinnerungskondensat ist, eine Sammlung von Intensitäten. Die normale Art, mit solchen Akten, die Werke geworden sind, umzugehen, ist, sie einzeln zu präsentieren, sie zu rahmen, sie kostbar zu machen, sie aus dem Stand des Produkts in die Sphäre der autonomen Kreation zu heben. Oder im Gegenteil, wie Chohreh Feyzdjou dies tut, sie aneinanderzureihen wie ein Film, sie auf Leinwand oder Papier aufzuziehen und sie aufzurollen. Dem Einzelstück wird seine Wichtigkeit genommen, es wird Teil eines Verbundes. Durch Dekonstruktion entsteht ein neues Konstrukt, durch die Aktion des Rollens entsteht aus der Addition von zweidimensionalen Zeugnissen investierter Zeit, von Erinnerungen in künstlerischer Form, ein dreidimensinales Objekt. Dieses neue Objekt, die Rolle, verlangt aufgrund dessen, was sie verbirgt, nach einer Behandlung, die die Vibrationen im Inneren nach außen projiziert. Die Künstlerin überzieht die Rolle und deren Inhalt mit schwarzem Pigment, mit einer Schicht, die sowohl egalisierend wie emotionenweckend ist. Nach einer ersten Handschrift nun die zweite als Staubhaut, die Memoria wird doppelt und optisch erfahrbar über das halbskulpturale, Assoziationen an andere nichtkünstlerische Formen auslösende Objekt Rolle. Dieses Treiben eines leidenschaftlichen Objekts in das Lager von Produkten im Kreislauf von Produktion und Konsumation, von Angebot und Nachfrage, wird von Chohreh Feyzdjou gefördert. Jede Rolle ist etikettiert, mit Kennbuchstaben und Laufnummer versehen, und trägt die Bezeichnung “Product of Chohreh Feyzdjou”. Und neben den…