Claudia Posca
Chihiro Shimotani – Zeit Sehen
»Bilder, Objekte, Installationen«
Galerie Schüppenhauer, Köln, 12.9. – 31.10.1997
Wenn Steine flüstern könnten, wäre die Welt eine andere. Doch beredt wird der Stein allenfalls in der Wahrnehmung des Menschen, der darin sieht, was tatsächlich ist: die konzentrierte Materie einer Erde, die wie der Himmel darüber voller Energie und Geheimnis steckt.
Zur Rede kommen kann Gestein aber auch in der Obhut des 1934 in Sakurai geborenen Chihiro Shimotani. Ihm ist das Schweigen der Steine ohne Ziffer und Letter allemal ein Wert an sich, den es lohnt, mit geschriebener Sprache zu konfrontieren – damit sich ein Austausch zwischen unlesbarer und lesbarer Welt initiiere.
1976 schon war der heute in Sakurai lebende Japaner beim Bonner DAAD-Künstlerprogramm vertreten. 1977 nahm er an der documenta 6 teil, und 1980 stellte ihn der Westfälische Kunstverein Münster mit einer Einzelausstellung vor. Damals installierte Chihiro Shimotani einen an der Wand entlanglaufenden Horizont aus Brillen, bedruckt mit dem Schriftzug “Horizont”. War das schon eine höchst ungewöhnliche Art, mit einer aufs Ganze betrachtet zur visuellen Poesie zählenden Kunst umzugehen, hatte Shimotani bei seinem 1976 in der Akademie der Künste absolvierten Ausstellungsprojekt “Landschaft über dem Wasser” gar das flüssige Element in Plastikeimern zum Grund einzelner Wort-Siebdrucke gemacht: Auf der Oberfläche schwammen buchstäbliche Schriftzüge landschaftlicher Begriffe. Aber auch Erde hat Shimotani mit Druckgrafik versehen, die sich wie große Zeitungsblätter über die hügelige Erdlandschaft darunter legten. Bei einer anderen Aktion (1976) verschenkte er 400 mit bedruckter Erde gefüllte Holzkisten, überzeugt davon, daß “das Wort uns allen gehört”, wie es in…