Holger Liebs
Chefredakteur
Holger Liebs ist Chefredakteur der Kunstzeitschrift Monopol.
Er lebt und arbeitet in Berlin. Er ist Herausgeber von „Die Kunst, das Geld und die Krise“ (Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2009) mit Essays von Chris Dercon, Daniel Birnbaum, Andreas Beyer, Beat Wyss u. a. Von 2001 bis 2010 war er Kunstkritiker der Süddeutschen Zeitung.
Roland Schappert: Wird heute weniger oder anders reflektiert über Kunst der Gegenwart als vor fünfzehn Jahren?
Holger Liebs: Der Diskurs findet nicht mehr nur in elitären Zirkeln und in ausgesuchten Fachpublikationen statt. Das halte ich für eine gute Entwicklung.
Inwieweit hat sich in diesem Zeitraum das Denken und Urteilen über zeitgenössische Kunst verändert?
Autoritäten verschieben sich. Das ist normal; wer sich nach alten Autoritäten sehnt, ist sentimental. Der Markt schert sich heute wenig um die Kritik. Die muss trotzdem weitermachen. Ignoranz hilft genauso wenig wie Pauschalverdammung.
Hat gute Kunst auch mit Wahrheit zu tun, mit Erkenntnis von Gesellschaft oder anderen Phänomenen ihrer Entstehungszeit – jenseits kunstimmanenter Problemstellungen?
Kunst spiegelt immer ihre Entstehungszeit – wenn auch selten intentional. Kunst kann vielleicht nicht wahr sein, wohl aber wahrhaftig.
Welche Kriterien oder offenen Fragestellungen können heutzutage den symbolischen Wert oder ein begründetes Urteil über Kunst ans Licht bringen? Was macht Qualität aus?
Ich möchte mit Walter Benjamin antworten: Das Publikum muss stets Unrecht erhalten und sich doch immer durch den Kritiker vertreten fühlen.
Inwieweit verändern Internet und Digitalisierung ein Urteilen über Kunst?
Ich stelle nur eine Veränderung der Kunst selbst fest. Viele Blogs haben noch nicht einmal grammatikalisch die Reife, um als Kunstkritik gelten zu können. Die meisten anderen…